Werbung Mindestens 7 % Zinsen p.a. Jetzt den ABO Wind Green Bond zeichnen ABO Wind entwickelt und errichtet seit 28 Jahren Erneuerbare-Energien- Projekte. Mit mehr als 190 Millionen Euro Eigenkapital und 1.200 Mitarbeiter*innen in 16 Ländern zählen wir zu den starken Akteuren einer wachsenden Branche. Unser Green Bond bietet Ihnen fünf Jahre lang mindestens 7 Prozent Zinsen jährlich und finanziert die Umsetzung weiterer Wind- und Solarparks sowie Speicher. Green Bond Fünf Jahre Laufzeit Zeichnung ab 1.000 Euro Bis 2. Mai online zeichnen: www.abo-wind.com/anleihe Rechtliche Hinweise: Die Billigung des Prospekts durch die Commission de Surveillance du Secteur Financier (CSSF) ist nicht als Befürwortung der angebote- nen Wertpapiere zu verstehen. Potenziellen Anlegern wird empfohlen, den Prospekt zu lesen, bevor sie eine Anlageentscheidung treffen, um die potenziellen Risiken und Chancen der Entscheidung, in die Wertpapiere zu investieren, vollends zu verstehen. Rechtlich maßgeblicher Wertpapierprospekt abrufbar unter: www.abo-wind.com/anleihe

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (5. Jg.) • Seite 4 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen Editorial: Nachhaltige Transformation – auf den Kopf gestellt? 3 Grundlagen & Einführung 6 Wenn die nachhaltige Finanzierung kein Selbstläufer mehr ist Dr. Anna Hinrichsen, selbstständige Beraterin, und Prof. Dr. Dirk Schiereck, TU Darmstadt 8 „Grün wird in Zukunft Standard sein“ Interview mit Daniel Wolff und Lars Klockmann, Lucht Probst Associates 12 Warum auch die Unternehmenskultur ein ESG-Kriterium sein sollte Peter Thilo Hasler, Sphene Capital Angela Leser One Square Financial Engineers S. 24 Investment & Kapitalmarkt 14 Wo stehen wir in Deutschland mit dem sozialen Pfandbrief? Wiebke Merbeth, Dr. Mathias Schmidt, Moritz Lohmann und Magnus Hamlescher, Deloitte Deutschland 18 Fundiertes Reporting zur ESG-Performance anstatt Marketingaussagen – der Global ESG Monitor bietet Unternehmen Orientierung Michael Diegelmann, cometis 20 GBC Mittelstandsanleihen Index (GBC MAX) setzt Erholungskurs weiter fort – Platzierungsvolumen im Mittelstandsanleihensegment legte 2023 deutlich zu Marcel Goldmann und Manuel Hölzle, GBC Recht & Regulierung 24 Der ESG-Dschungel Marius Hoerner und Angela Leser, One Square Financial Engineers 28 Grüne Anleihen: ICMA und Europäischer Green Bond Standard Dr. Anne de Boer und Meike Dresler-Lenz, HEUKING 30 EU-Regulierung: Wie sich europäische ESG-Ratingagenturen neu aufstellen können – am Beispiel von EthiFinance Christina Tyca, Daria Ezhkova und Sebastian Füllgraf, imug rating 34 Was ist von der neuen EU-Regulierung von ESG-Ratings zu halten? Dr. Gerrit Fey, Deutsches Aktieninstitut 36 Nachhaltigkeitsberichterstattung für KMU – jetzt schon anfangen? Anita Roßbach, EULE Corporate Capital Christina Tyca imug rating S. 30 Anita Roßbach EULE Corporate Capital S. 36

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (5. Jg.) • Seite 6 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen GRUNDLAGEN & EINFÜHRUNG von Dr. Anna Hinrichsen, Beraterin für ESG- und Finanzkommunikation, und Prof. Dr. Dirk Schiereck, Leiter des Fachgebiets Unternehmensfinanzierung, TU Darmstadt Wenn die nachhaltige Finanzierung kein Selbstläufer mehr ist Lange Jahre konnte die wissenschaftliche Forschung stabile Belege dafür finden, dass mit der Emission nachhaltiger Fremd- kapitalinstrumente für die Kapitalnehmer signifikante Kostenvorteile verbunden sind. Investoren schienen für ein gutes Ge- wissen bereit zu sein, auf Teile ihrer Renditeforderungen zu verzichten, wenn die Mittel aus Titeln, in die sie ihr Geld anlegten, sicher in nachhaltige Investitionsprojekte beim Emittenten flossen. Für diesen Renditeverzicht und Discount auf die risikoad- äquate, marktgerechte Verzinsung wurde der Begriff Greenium geprägt. Nun weisen allerdings jüngere Untersuchungen da- rauf hin, dass diese Finanzierungsvorteile mit der starken Zunahme an nachhaltigen Finanztiteln durch die Ausgabe von Green Bonds und Sustainability-Linked Bonds (SLBs) schwinden. Damit müssen Emittenten ihren Finanzierungsmix neu über- denken und sich ungleich intensiver in der Kommunikation mit Investoren bemühen. Profitieren Investoren weiterhin vom Greenium auf nachhaltige Anleihen? Auch aktuelle Analysen an der Technischen Universität (TU) Darmstadt beobachten im Einklang mit anderen wissenschaftli- chen Arbeiten ein Greenium bei der Emission von Sustainability-Linked Bonds von 13 bis 17 Basispunkten. Dieser Finanzierungsvorteil bleibt im Zeitverlauf jedoch nicht stabil, sondern nimmt stark ab. Während 2021 noch signifikante Dis- counts in den Emissionsrenditen von SLBs zu beobachten waren, lassen sich für die Platzierungen des Jahres 2023 keine Vorteile mehr ermitteln. Auch die positiven Aktienkursreaktionen auf die Dr. Anna Hinrichsen ist selbstständige Beraterin für ESG- und Finanzkommunikation. Vor ihrer Gründung war sie im Beratungsfeld Kapitalmarktkommunikation für die Brunswick Group tätig. Sie verantwortete Investor Relations mehrere Jahre bei SMA Solar sowie interimistisch für Unter- nehmen im Automobil- und Finanzsektor. Prof. Dr. Dirk Schiereck ist Leiter des Fachgebiets Unter- nehmensfinanzierung im Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Technischen Universität Darmstadt. Seine aktuellen Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der (kapitalmarktorien- tierten) Unternehmensfinanzierung, des Assetmanagements und der Digitalisierung der Finanzindustrie. Foto: © veevc83 - freepik.com

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (5. Jg.) • Seite 8 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen GRUNDLAGEN & EINFÜHRUNG Interview mit Daniel Wolff, Senior Manager, und Lars Klockmann, Senior Consultant, Lucht Probst Associates (LPA) „Grün wird in Zukunft Standard sein“ Im Gespräch mit BondGuide äußern sich Daniel Wolff, Senior Manager, und Lars Klockmann, Senior Consultant, Lucht Probst Associates GmbH (LPA), zur aktuellen Bedeutung und Zukunft der nachhaltigen Geldanlage. BondGuide: Meine Herren, ESG krem- pelt seit Jahren die Finanzindustrie um. Zum Einstieg die Frage: Wie hat sich das Anlageverhalten in den letzten Jahren verändert? Klockmann: Nachhaltige Anlageklassen haben ohne Frage in den vergangenen Jahren großen Rückenwind gehabt und sich hoher Beliebtheit erfreut. Die Fridays- For-Future-Bewegung hat den Klimawan- del und Nachhaltigkeit ins Bewusstsein einer breiten Masse der Bevölkerung gerückt. Spätestens seitdem bestimmt das Thema die politische Agenda und die mediale Berichterstattung. Damit ein- hergehend steigt die Nachfrage nach Investitionen, die ESG-Kriterien berück- sichtigen, was durch die regulatorischen Anpassungen der letzten Jahre eben- falls begünstigt wird. BondGuide: Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Treiber hinter die- ser Entwicklung – ist es die Nachfrage der Retailkunden? Sind es institutionelle Investoren oder treibt in erster Linie der Regulator? Klockmann: Alle genannten Faktoren tragen dazu bei, das Thema ESG zu för- dern. Sie sind jedoch eng miteinander verwoben, wodurch eine klare Antwort schwierig ist. Die Nachfrage und das Bewusstsein von Retailinvestoren führen dazu, dass institutionelle Investoren stär- ker auf ESG achten. Umgekehrt bewer- ben Banken und Assetmanager aktiv nachhaltige Produkte für Retailkunden. Weiterhin fördert die Regulatorik in den letzten Jahren die Nachfrage und auch die Transparenz, wodurch Verfehlungen von Unternehmen schneller aufgedeckt werden können, was wiederum zu Reak- tionen der Investoren führt. Wolff: Ein wichtiger Treiber ist, dass Bankberater aufgrund von MiFID II seit 2022 verpflichtet sind, ESG-Präferenzen ihrer Kunden explizit abzufragen und entsprechend zu berücksichtigen. Für Emittenten bedeutet das, dass sie mit nachhaltigen Finanzprodukten ein breite- res Spektrum an Investoren ansprechen können. Weiterhin werden steigende Transparenzanforderungen mittel- bis langfristig dazu führen, dass Unterneh- men mit einer schlechten ESG-Perfor- mance Nachteile erleiden. Das können beispielsweise ein erschwerter Zugang zu frischem Kapital bzw. höhere Refinan- zierungskosten oder Reputationsschäden sein. BondGuide: Und welche regulatori- schen Maßnahmen kommen auf Institute noch zu? Daniel Wolff (li.) ist Senior Manager bei der Lucht Probst Associates GmbH (LPA), einem Beratungs- und Softwareunternehmen mit Fokus auf das Kapitalmarktgeschäft von Banken und Finanzdienstleistern. Innerhalb des Risk- und Compliance-Teams verantwortet er die Compliance-Beratung sowie Beratung zur ESG-Regulatorik. Lars Klockmann ist Senior Consultant bei der Lucht Probst Associates GmbH (LPA). Innerhalb des Frontoffice-Teams liegt sein Schwerpunkt auf der Sell-Side-Beratung und dem Vertrieb von nachhaltigen Finanz- produkten. In den letzten Jahren sind Wolff: anspruchsvolle Regelungen veröffentlicht worden, von denen einige noch in der Ein- führungsphase sind. Für Banken sind die wichtigsten wohl die EU-Taxonomie, die Offenlegungsverordnung, kurz SFDR, und die Corporate Sustainability Reporting Directive, kurz CSRD. Der Fokus der Regu-

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (5. Jg.) • Seite 10 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen Das politische Ziel für die nächsten Jahre besteht ganz klar in der grünen Transformation der Wirt- schaft. Der Finanzsektor spielt dabei eine ent- scheidende Rolle. Daniel Wolff BondGuide: Greenwashing hat zuletzt immer wieder für Skandale gesorgt. Wie kann dies in Zukunft verhindert werden? Klockmann: Es wird wahrscheinlich nie eine Garantie gegen ESG-Betrug geben. Dennoch werden strengere Offenle- gungsvorschriften und höhere Standardi- sierung sicherlich dazu beitragen, das Greenwashing-Risiko zu reduzieren. Ent- Anzeige sprechende Regelungen sind aktuell in der Entwicklung bzw. bereits in Kraft getreten. Darüber hinaus stellen Prüfun- gen und Zertifizierungen von Drittpar- teien ein geeignetes Mittel dar, um Greenwashing zu verhindern. Ein Bei- spiel, wie dies umgesetzt werden kann, ist der EU-Green-Bond-Standard. Anlei- hen, die als EU Green Bonds gelabelt sind, müssen den Vorgaben der EU-Taxonomie entsprechen und zusätzlich von einem externen Prüfer zertifiziert werden, was die Sicherheit erhöht. In puncto Transpa- renz und Standardisierung sind wir inso- fern auf einem guten Weg. Weiterhin macht es den Eindruck, dass Banken bzw. Finanzdienstleister infolge der Skandale der letzten Jahre und der da- raus resultierenden Reputationsschäden und monetären Strafen vorsichtiger mit Nachhaltigkeitsversprechen geworden sind und größere Sorgfalt bei der Ver- gabe von ESG-Labeln walten lassen. Es wird wahrscheinlich nie eine Garantie gegen ESG-Betrug geben. Dennoch werden strengere Offen- legungsvorschriften und höhere Standardisierung sicherlich dazu beitragen, das Greenwashing-Risiko zu reduzieren. Lars Klockmann BondGuide: Meine Herren, herzlichen Dank für die interessanten Einblicke und Ihre Zeit. Das Interview führte Michael Fuchs.

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (5. Jg.) • Seite 12 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen GRUNDLAGEN & EINFÜHRUNG von Peter Thilo Hasler, Gründer und Finanzanalyst, Sphene Capital Warum auch die Unternehmenskultur ein ESG-Kriterium sein sollte Investitionen in Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) spiegeln die nicht-finanziellen Präferenzen von Eigentümern wider, die sie gegenüber Unternehmenslenkern zum Ausdruck bringen. Die empirischen Belege über die tatsächlichen Effekte von ESG-Investitionen sind jedoch uneinheitlich – und zwar auch deshalb, weil Unternehmen dazu verleitet werden können, ihre ESG-Angaben zu manipulieren, um die Investorenbedürfnisse zu befriedigen. Dies dokumentiert sich nicht zuletzt in den Vorwürfen des Greenwashing, die zuletzt immer häufiger zu vernehmen waren. Wo aber der falsche Eindruck erweckt werden soll, dass die Produkte eines Unternehmens umweltverträglich sind, könnte auch bei den beiden anderen Buchstaben des ESG-Universums geschummelt werden. Ein System des Peter Thilo Hasler ist seit Anfang der 1990er-Jahre als Aktien- analyst und Unternehmensberater tätig. Er ist Gründer und Finanzanalyst der Sphene Capital GmbH, die ausgewählten Unternehmen hochwertiges Aktienresearch und Dienstleistungen in der Unternehmens- bewertung anbietet. 2015 gründete er zu- dem die sphaia advisory GmbH, die mittel- ständische Unternehmen in Corporate- Finance- und Kommunikationsfragen berät. Hasler ist zudem Vorstand und Referent der DVFA sowie Dozent an Münchner Hoch- schulen zu Unternehmensbewertung und -finanzierung sowie Kapitalmarktforschung. Er ist Autor zahlreicher Blogs, Artikel und Bücher zu Unternehmensbewertung und -anleihen, Corporate Finance, Kapitalanlage und Investor Relations. Governance- oder Diversitywashing wird etwa in einer unlängst veröffentlichten Studie1 behandelt, die zu dem Schluss kommt, dass viele Unternehmen sich in ihren Veröffentlichungen zwar zu Viel- falt, Gleichberechtigung und Inklusion bekennen, trotzdem aber (Einstellungs-) Praktiken anwenden, die die Vielfalt am Arbeitsplatz reduzieren und ausländi- sche Mitarbeiter zur Kündigung veran- lassen. Die Ablösung von Friedman Weil Vorstände dazu verführt werden könnten, ESG-Kriterien abzuhaken, ohne den Worten Taten folgen zu lassen, ist eine Analyse der Corporate-Governance- Aktivitäten von Unternehmen besonders notwendig. Keine einfache Aufgabe – denn es hapert schon an einer einheitli- chen, weithin akzeptierten Definition des Begriffs, sodass sich in der wissenschaft- lichen Literatur große regionale Unter- schiede feststellen lassen. Der britische Cadbury-Ausschuss etwa versteht unter Corporate Governance ein System, durch das Unternehmen „geleitet und kontrolliert werden“ sollen. Im niederlän- dischen Corporate Governance Codex geht es dagegen „um Leitung und Kon- trolle, um Verantwortung und Einfluss sowie um Überwachung und Rechen- schaftspflicht“. 1 Vgl. Baker et al. (2023) Ohne eine klare und einheitliche Defini- tion aber ist es wenig verwunderlich, dass sich mit dem Einzug von Corporate Governance auch die strategischen Unternehmensziele ins Unscharfe ver- schoben haben: Galt es seit Milton Friedman als das primäre Ziel des Managements, eine Maximierung des Shareholder’s Wealth anzustreben (was am einfachsten durch die Erzielung eines möglichst hohen freien Cashflows bei gleichzeitiger Begrenzung des unternehmerischen Risikos zu bewerk- stelligen ist), sollen Vorstände dieser Tage nichts Geringeres als „Lösungen für die Probleme der Menschen und des Planeten finden“, wie dies unlängst die British Academy in ihrem Framework for the Future of Corporation gefordert hat. Die CSR-Pyramide und ihr Dilemma Doch selbst wenn Unternehmen die Inte- ressen anderer Stakeholder als die der Aktionäre in höherem Maße ernst neh- men wollen, haben Vorstände bei der Ausführung große Spielräume. Begrenzt werden könnten diese durch freiwillige ethische Verpflichtungen – laut Carroll ohnehin ein essenzieller Bestandteil des Konzepts der sozialen Verantwortung von Unternehmen (CSR), die in der CSR- Pyramide ihren Eingang fand. Allerdings hat die CSR-Pyramide einen Geburtsfehler. Zwar ergibt sich die soziale

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (5. Jg.) • Seite 14 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen INVESTMENT & KAPITALMARKT von Wiebke Merbeth, Partnerin, Financial Service Industry, Dr. Mathias Schmidt, Director, Core Business Operations, Moritz Lohmann, Senior Manager, Core Industry Operations, und Magnus Hamlescher, Consultant, Core Business Operations, Deloitte Deutschland Wo stehen wir in Deutschland mit dem sozialen Pfandbrief? Der soziale Pfandbrief als Sonderform eines Social Bonds stößt im aktuellen Marktumfeld auf eine große Notwendigkeit bei der Primärwirtschaft und großes Interesse bei Investoren. Insbesondere im Wohnimmobilienmarkt wird mit voranschreitender Zeit zunehmend deutlicher, wie die Wohnungsbaulücke immer neue Höhen erreicht – insbesondere verursacht durch den de facto zum Erliegen gekommenen Wohnungsbaumarkt im Jahr 2023. Das Ziel der Bundesregierung, 400.000 Wohneinheiten pro Jahr zu schaffen, ist dadurch in weite Ferne gerückt, wie jüngst durch das Frühjahrsgutachten des ZIA belegt.1 Der Nachfragedruck institutioneller Anleger nach sozialen Anlageformen wird indes immer deutlicher, sodass zu erwarten ist, dass dieser Nachfrage- überhang durch ein angepasstes Ange- bot in Zukunft bedient werden wird. Bei der Konzeption und Emission sozialer Pfandbriefe sollte neben einem Kata- log zu Mindestkriterien insbesondere der lückenlose Nachweis des tatsächli- chen sozialen „Impacts“ – d.h. eines nachweisbaren und additiven sozialen Nutzens – im Vordergrund stehen. Socialwashing kann nur mit transparenten Kriteriensets zu konkreten Indikatoren unter Sicherstellung einer hohen Daten- qualität für die Finanzierungsobjekte eliminiert werden. Hieraus folgt, dass sich die Finanzinstitute in Zukunft mehr mit den eigentlichen Finanzierungsob- jekten (und nicht nur den Sicherungsob- jekten) werden auseinandersetzen müssen. Abb. 1: Globales Social-Bond-Emissionsvolumen in Mrd. USD Quelle: Deloitte Deutschland; basierend auf ICMA Sustainable Bond Market Data2 1 Quelle: 240220_PM-ZIA-Fruhjahrsgutachten-d-Immobilienweisen.pdf (zia-deutschland.de) 2 Quelle: https://www.icmagroup.org/sustainable-finance/sustainable- bonds-database/ Wiebke Merbeth ist Partnerin in der Strategieberatung von Deloitte und Expertin für Sustainable Finance. Sie unterstützt Unternehmen dabei, nachhaltige Transformationen optimal zu gestalten. Sie ist Teil des Deloitte Sustainability & Climate Committee und Mitglied im Sustainable- Finance-Beirat der Bundesregierung. Dr. Mathias Schmidt (2. v. li.) ist Direktor bei Deloitte im Bereich Banking Operations. Sein Fokus liegt auf der Verknüp- fung von Banksteuerung, die oft regulatorisch getrieben ist, deren Umsetzung und Verknüp- fung mit Sustainable Finance. Dabei stehen insbesondere Datenstrukturen und -architek- turen sowie Reportingfragen im Mittelpunkt. Moritz Lohmann (3. v. li.) ist im Real Estate Consulting Team von Deloitte tätig und fokussiert sich dort auf die Leitung von Beratungs- und Transformations- projekten im Real Estate Investment Management mit Schwerpunkt Sustainable Finance Real Estate sowie der Entwicklung und Umsetzung von Digitalisierungsstrategien. Magnus Hamlescher (re.) ist Consultant bei Deloitte und trägt zur Um- setzung von Beratungsprojekten mit ESG-Fokus im Bereich Banking and Financial Markets bei. Er absolvierte seinen Master of Science in Economics an der Universität Bonn.

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (5. Jg.) • Seite 16 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen Exkurs: soziale Taxonomie Insbesondere für die Definition der Krite- rien für die Klassifizierung sozialer Pro- jekte sind sowohl von Emittenten als auch von Investoren Orientierungshilfen und Standards gewünscht. Der Entwurf der Sozialtaxonomie folgt dem gleichen Mechanismus wie bisherige EU-Taxonomie: die Inhalte und Ziele dieser Taxonomie- Ergänzung sind hinreichend klar und kön- nen schon heute unter Anwendung eta- blierter Social Bond Frameworks in die Tat umgesetzt werden, um letztendlich eine Sozialtaxonomie-Konformität zumindest inhaltlich zu antizipieren. Der derzeitige Nachfrageüberhang gibt hierfür genü- gend Anlass zum Handeln. 1 Leiste einen wesentlichen Beitrag zu einem sozialen Ziel („substantial con- tribution“), 2 ohne dabei einem anderen Ziel zu schaden („do no significant harm“), und 3 unter Beachtung sozialer/ökologi- scher Mindeststandards („minimum safeguards“). Die aktuellen sozialen Ziele des Entwurfs sind: (I) faire Arbeit, (II) angemessener Le- bensstandard und Wohlbefinden für End- verbraucher sowie (III) inklusive und nach- haltige Kommunen und Gesellschaften. Insbesondere die Ziele II und III sind in Verbindung mit sozialen Pfandbriefen interessant, da hier u.a. Unterziele wie die Verbesserung des Zugangs zu hochwer- tigem Wohnen, inklusive Wohnformen so- wie die Förderung von Einrichtungen der sozialen Infrastruktur formuliert werden. Social-Bonds-Emittenten sowie Investo- ren dürfen jedoch nicht in einer abwarten- den Haltung verharren, bis die Umset- zung der Sozialtaxonomie erfolgt ist. Die Fazit: Kriterien und Herausforderungen Sowohl im Kontext von sozialen als auch von grünen Pfandbriefen sind insbeson- dere zwei wesentliche Punkte festzuhalten: Erstens muss ein direkter Bezug zum Finan- zierungsobjekt hergestellt werden und zweitens bedarf es robuster Kriteriensets, die es erlauben, den nachhaltigen Nutzen messbar und nachweisbar zu machen. In Abwesenheit eines regulatorischen Katalogs zur Messung von sozialer Nach- haltigkeit ist es hier die Herausforderung der Institute, Kriteriensets aufzustellen und diese durch eine laufende Daten- erhebung und -bereitstellung fortlaufend messen, validieren und veröffentlichen zu können. Dies wird unweigerlich zu einem erhöhten Aufwand für die Datenarchitek- turen der Institute sowie für den Daten- austausch mit den Intermediären und den Kreditnehmern führen. Projekte müssen daher immer auch im Kontext mit laufenden IT-Implementierungen betrachtet werden, um die Vorteile der Digitalisierung auch für die Zwecke der Anleiheemission und der laufenden Berichterstattung zu nutzen. Abb. 2: Kriterien und Herausforderungen bei der Strukturierung von Social Bonds sion einer sozialen Anleihe und empfeh- len Transparenz und Offenlegung. Dabei werden der Nachweis und die Nachver- folgbarkeit des positiven geschaffenen Nutzens der durch die Emissionserlöse finanzierten und refinanzierten Projekte in den Mittelpunkt gestellt. Durch umfas- sende Berichterstattung über die genaue Erlösverwendung, den Prozess der Pro- jektbewertung, das Management der Erlöse und die regelmäßige Bericht- erstattung über die geförderten Projekte sowie den erreichten sozialen Nutzen soll Transparenz geschaffen werden. Für den Prozess der Projektauswahl gilt es, Kriterien und KPIs zu definieren, die es erlauben, den sozialen Nutzen der finan- zierten Projekte zu bewerten. Über die genaue Ausgestaltung der Kriterien gibt es allerdings keine Leitlinien, sodass Emittenten in der Interpretation und Aus- gestaltung Freiräume haben. Zur Nach- vollziehbarkeit und Vermeidung von Risi- ken ist eine große Vielfalt der Klassifizie- rung von sozialen Projekten, insbeson- dere bezahlbarem Wohnraum am Markt zu beobachten. Durch die genannten Punkte soll der positive soziale Nutzen nachweisbar und verfolgbar gemacht werden. Emit- tenten sind außerdem angehalten, die Übereinstimmung der Komponenten mit den Social Bond Principles und den auf- gestellten Kriterien von einer externen Partei prüfen zu lassen und den Prü- fungsbericht in der sogenannten Second Party Opinion (SPO) ebenfalls zu veröf- fentlichen. Allerdings besteht keine rechtliche Verpflichtung, den Empfeh- lungen der ICMA zu folgen; es wird auf die Selbstverpflichtung der Emittenten gesetzt. Der Verband Deutscher Pfandbriefbanken (vdp) greift die Punkte der ICMA in seinen Min- deststandards13 für soziale Pfandbriefe auf und geht noch einen Schritt weiter, indem er aus der vorgeschlagenen externen Prüfung eine Verpflichtung macht. 13 Quelle: https://www.pfandbrief.de/site/dam/jcr:b40dd448-7514- 459d-86c3-23024bf6144f/2021-03-12%20vdp%20Mindeststan- dards%20Sozialer%20Pfandbrief.pdf Quelle: Deloitte Deutschland

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (5. Jg.) • Seite 18 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen INVESTMENT & KAPITALMARKT von Michael Diegelmann, Gründer und Vorstand, cometis Fundiertes Reporting zur ESG-Performance anstatt Marketingaussagen – der Global ESG Monitor bietet Unternehmen Orientierung „Nein Papa, keine Vollmilch mehr, ab jetzt nur noch Hafermilch!“ Seit meine Tochter vor einigen Monaten auf Hafermilch umgestiegen ist, bringe ich aus dem Supermarkt immer zwei Milchsorten mit. Und ich habe nichts dagegen: Gesund soll die Hafermilch sein und der Hersteller Oatly betont, welch große Bedeutung eine nachhaltige Herstellung für das Unternehmen hat. Allerdings hat es Oatly mit seinen Green Claims übertrieben und die Schwelle zum Greenwashing überschritten. In den USA leistet das schwedische Unternehmen nach einer Investorenklage eine Strafzahlung in Höhe von 9,25 Mio. USD. So wie Oatly erging es weiteren Unternehmen wie DWS, DM und VW. Dass es zu diesen Fällen kam, ist schmerzlich, weil Unterneh- men durch ihre ESG-Leistung einen elementaren Beitrag für Klima, Umwelt und Gesellschaft leisten. EU-Kommission reagiert auf falsche Green Claims Die falschen Umweltaussagen haben sogar die EU-Kommission auf den Plan gerufen. In einer Studie stellt diese fest, dass 53% aller Green Claims irrefüh- rend sind1. Darauf möchte die EU mit der geplanten Verabschiedung der Green Claims Directive reagieren, die strenge Prüfverfahren für Green Claims und empfindliche Strafen bei Verstößen vorsieht. Dies verdeutlicht, dass punktu- elle Marketingmaßnahmen zur Nachhal- tigkeitskommunikation nicht zielführend sind. Vielmehr ist die Etablierung eines fundierten Nachhaltigkeits-Reportings mit Blick auf die zunehmend strengeren regulatorischen Vorgaben unabdingbar. Wir sind daher überzeugt, dass Unter- nehmen einen holistischen Ansatz ver- folgen sollten, und haben dafür den Global ESG Monitor entwickelt. Er beurteilt die Qualität von Nachhaltig- keits-Reportings anhand von 1.000 For- schungsfragen und 5.000 Variablen. Das Forschungsdesign stellt sicher, 1 https://environment.ec.europa.eu/topics/circular-economy/green- claims_en dass die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) in die Beurteilung von Nachhaltigkeits-Reportings einfließen. Nur durch diesen holistischen Ansatz werden alle Aktivitäten eines Unterneh- mens zum Thema Nachhaltigkeit erfasst. Datenbasiertes Reporting als Grundlage für grünes Marketing Durch die systematische Bewertung der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen werden alle Unternehmens- aktivitäten zum Thema Nachhaltigkeit erfasst und ein datenbasiertes Reporting gefördert. Dies ist ein wichtiger Vorteil gegenüber einfachen Marketingaussagen, mit denen Unternehmen Eigentore schießen und einen hohen Imageverlust erleiden können. Shell hat mich vor eini- ger Zeit gefragt, ob ich für die Umwelt etwas mehr für mein Benzin bezahlen möchte, und auf meinem Flug nach Marokko hat mir die Lufthansa angebo- ten, durch eine Zahlung meinen CO2- Fußabdruck zu reduzieren. Weitere Informationen, Hintergründe oder Ansprechpartner zu dem Angebot – Michael Diegelmann hat 2000 die cometis AG gegründet und berät zusammen mit seinem Team Unternehmen in allen Belangen rund um Börseneinführungen, M&A-Transaktionen, Investor Relations und ESG-Projekte. Im Jahr 2019 hat er den Global ESG Monitor zusammen mit Ariane Hofstetter initiiert. Fehlanzeige. Zurück blieb ich mit einem fragenden Gesicht. Noch gravierender ist es, wenn Unternehmen wie Oatly kla- res Fehlverhalten nachgewiesen wird. Das schwedische Unternehmen schaffte im Jahr 2021 den Sprung an die Börse und wurde dabei mit 1,4 Mrd. USD bewertet. Nach einem Greenwashing- Vorwurf eines Leerverkäufers ging der

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (5. Jg.) • Seite 20 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen INVESTMENT & KAPITALMARKT von Marcel Goldmann, Finanzanalyst, und Manuel Hölzle, Chefanalyst und Vorstandsvorsitzender, GBC GBC Mittelstandsanleihen Index (GBC MAX) setzt Erholungskurs weiter fort – Platzierungsvolumen im Mittelstandsanleihensegment legte 2023 deutlich zu Mit einem Kursniveau von aktuell rund 135,0 konnte der Qualitätsanleihenindex GBC MAX (ISIN: DE000 SLA1MX 8) seinen durch das herausfordernde Marktumfeld ausgelösten Tiefpunkt vom vierten Quartal des vergangenen Jahres (rund 127 Indexpunkte) deutlich hinter sich lassen und dabei seinen Erholungskurs weiter fortsetzen. GBC MAX – Indexentwicklung (ISIN: DE000 SLA1MX 8) Quellen: ariva.de; GBC AG Wie auch der Gesamtmarkt der Mittel- standsanleihen war der GBC MAX in den vergangenen Quartalen von den deutlich verschärften wirtschaftlichen Rahmenbe- dingungen – hohes Zinsniveau, schwie- rige konjunkturelle Lage, galoppierende Inflation etc. – betroffen, die zu einem deutlichen Kurssturz des Index im dritten Quartal mit anschließender Boden- bildung im Schlussquartal geführt haben. Seither hat sich der Anleihenindex wie- der spürbar erholt. Auch seit Jahres- beginn hat der GBC MAX eine deutlich positive Indexentwicklung verzeichnet. lassen sich erste Im allgemeinen Mittelstandsanleihen- segment leichte Anzeichen für eine Erholung und Ver- besserung der Marktlage erkennen. So hat eine Studie zum KMU-Anleihemarkt der IR-Beratungsgesellschaft IR.on zu Jahresbeginn ergeben, das im vergan- genen Jahr 24 Mittelstandsanleihen im Gesamtvolumen von 788,0 Mio. EUR herausgegeben und platziert wurden – gut ein Drittel mehr als im Vorjahr (2022: 23 Platzierungen über insge- samt 588,0 Mio. EUR). Die Platzierungs- GBC MAX – kumulierte Renditeentwicklung seit Jahresbeginn (ISIN: DE000 SLA1MX 8) Marcel Goldmann, M.Sc., (li.) ist Finanzanalyst bei der GBC AG. Quellen: ariva.de; GBC AG Historische Indexentwicklung 2023 6 Monate Manuel Hölzle, Dipl.-Kfm., ist Chefanalyst sowie Vorstandsvorsitzender der GBC AG. GBC MAX -3,43% 3,68% Quellen: ariva.de; GBC AG; Stand: 05.04.2024 YTD 2024 3,45% Seit Auflage 01.02.2013 +18,00%

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (5. Jg.) • Seite 22 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen Anleihe im Fokus: hep global GmbH Kurs: 94,77% (Stuttgart 09.04.2024, 11:00 Uhr) Kupon: 6,5% p.a. Effektivrendite: 8,94% Emissionsvolumen: 25 Mio. EUR Stückelung: 1.000 EUR ISIN: DE000 A3H3JV 5 Laufzeit: 18.05.2021 bis 17.05.2026 Zinszahlung: halbjährlich am 18.05. und am 18.11. Rückzahlung: 100,0% Rückzahlungsdatum: 18.05.2026 Quellen: Unternehmensangaben; Börse Frankfurt; GBC AG „Interessante Anleihe im boomenden Erneuerbare-Energien-Sektor“ Die hep global GmbH als Emittent der 6,5%-Unternehmensanleihe fungiert als Holdinggesellschaft der gesamten hep-global-Gruppe, die sich in die Segmente „Services“ und „Investments“ untergliedert. Das Geschäftssegment Services umfasst die Entwicklung und den Erwerb von Projekten im Bereich der Erneuerbaren Energien sowie den Bau und Betrieb von Kraftwerken ebenfalls im Bereich der Erneuerbaren. Dies beinhaltet im Wesentlichen Photovoltaikanlagen. Der Geschäftsbereich Beteiligungen umfasst die Konzeption und den Vertrieb von alternativen Invest- mentfonds. Hierbei handelt es sich typischerweise um Bestandsfonds, die Photovoltaikprojekte in der Spätphase erwerben und anschließend halten, um laufende Erträge aus der Stromproduktion zu generieren. Durch das Verfolgen dieses speziellen Geschäftsmodells ist hep global an allen Phasen eines Photovoltaikprojekts beteiligt – von der Projektentwick- lung über den Bau der Anlage bis hin zu deren Betrieb. Hierbei tritt die Gruppe als Generalunternehmer auf. Basierend auf dem geplanten Ausbau der Projekt- pipeline wurde im Jahr 2021 eine 6,5%-Unterneh- mensanleihe emittiert und vollständig platziert. Der Fokus der Mittelverwendung lag dabei auf Projekt- akquisitionen oder kleineren Projektentwicklern mit bestehender Pipeline. Hierfür waren gemäß den Finanzierungsplanungen 75% der Anleihemittel vor- gesehen. Die verbliebenen 25% waren für die Finan- zierung des Working Capital eingeplant. Mit Blick auf die seit der Anleiheemission veröffent- lichten Geschäftsberichte bzw. -zahlen lässt sich eine durchaus erfolgreiche Entwicklung erkennen. So konnten die Umsatzerlöse des Geschäftsjahres 2021 in Höhe von 65,3 Mio. EUR im darauffolgenden Geschäftsjahr 2022 deutlich auf 94,8 Mio. EUR gestei- gert werden. Die Umsatzsteigerung basierte hierbei insbesondere auf dem Ausbau der Dienstleistungs- umsätze, also der Projektentwicklung von Solar- parks in den USA. So konnte im Jahr 2022 ein Groß- projekt in den USA aus dem Bereich „Utility Scale“ (Leistung: 176 MWp) erfolgreich veräußert werden. Daneben wurden außerdem Projekte in den USA erfolgreich ans Netz gebracht. Das Unternehmen erwirtschaftete in beiden Geschäftsjahren ein ope- ratives Ergebnis (EBITDA), das zur Bedienung der Zinsen ausreicht – der EBITDA-Zinsdeckungsgrad lag 2022 bei 1,2 (Vorjahr: 3,4). Zu Jahresbeginn hat das Unternehmen bekannt ge- geben, dass die Prognose für das Geschäftsjahr 2023 voraussichtlich erreicht werden kann. Bedingt durch deutliche Umsatz- und Ergebnissteigerungen im zweiten Halbjahr 2023 sollte ein Konzernumsatz von 50 Mio. bis 60 Mio. EUR und ein EBIT in einer Bandbreite von 0 bis 5 Mio. EUR erreicht werden. Bei Erreichung des mittleren Niveaus der Ergebnis- bandbreite sollte auch auf EBIT-Basis ein ausrei- chender Zinsdeckungsgrad von mehr als eins er- reicht werden. Ab 2024 rechnet die Gesellschaft mit deutlichen Projektumsätzen. Insbesondere in den USA und in Japan stehen Projekte vor dem Abschluss, die bei erfolgreichem Verkauf zu einer Verbesserung der operativen Kennzahlen führen sollten. Besonders hervorzuheben ist in diesem Kontext die umfangrei- che Projektpipeline von rund 5,9 GWp, die eine gute Basis für eine zukünftige positive Unterneh- mensentwicklung bildet. Fazit Die starke Projektpipeline bietet unseres Erachtens eine gute Planungsbasis für die zukünftige Geschäfts- entwicklung der hep global GmbH, was in erster Linie für die Investoren der 6,5%-Unternehmensanleihe als Sicherheitsaspekt von Bedeutung sein sollte. Für die Zinsperiode 18.11.2023 bis 17.05.2024 wurde der Kupon temporär um 1,0 auf 7,5% erhöht. Ursächlich hierfür war die verspätete Veröffentlichung des Geschäftsberichts 2022, die bedingt durch einen Cyberangriff mehr als sechs Monate nach Ende des Geschäftsjahres 2022 erfolgte. Mit einem aktuellen Effektivzins von 8,94% (Kurs: 94,77%) ist die Anleihe der hep global GmbH aus unserer Sicht ein attraktives Investment im Bereich grüner Energien. Wir stufen die hep-Anleihe auf Basis der bisherigen positiven Geschäftsentwicklung, der umfangreichen Projektpipeline und überzeugenden Anleihekonditionen (Kupon: 6,5%; Effektivrendite: 8,94%) für professionelle Anleger als überdurchschnittlich attraktiv ein. Darüber hinaus befindet sich die hep-Anleihe bereits seit Längerem in unserem Qualitätsindex GBC MAX. *) Hinweis gemäß Finanzanalyseverordnung: Bei dem analysierten Unternehmen/der Anleihe sind die folgenden möglichen Interessenkonflikte gemäß Katalog möglicher Interes- senkonflikte gegeben: Nr. (11). Ein Katalog möglicher Interessenkonflikte ist auf folgender Webseite zu finden: www.gbc-ag.de/de/Offenlegung

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (5. Jg.) • Seite 24 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen RECHT & REGULIERUNG von Marius Hoerner, geschäftsführender Gesellschafter, und Angela Leser, Head Corporate Markets, One Square Financial Engineers Der ESG-Dschungel Wir haben uns bereits im letzten Jahr in unserem Beitrag „Black Is The New Green“ divers zu dem Hype der immergrünen Investments geäußert. Seinerzeit ging es uns darum, ob sich beispielsweise die Biogasanlage, die das grüne Gas herstellt, oder das verarbeitende Gewerbe, das das grüne Gas zur Produktion verwendet, oder gar der Verbraucher, der das CO2-neu- tral hergestellte Produkt kauft, die „grüne Plakette“ an die Brust heften darf. Oder gar alle? Jeder reklamiert den Credit für sich – aber: Who (really) owns the credit? Die EU-Taxonomie regelt, wann und wel- che wirtschaftlichen Aktivitäten eines Unternehmens oder eines Investors als nachhaltig einzustufen sind. Die Kriterien, mit denen sich die ökologische Nachhal- tigkeit einer Wirtschaftstätigkeit unter der Taxonomie-Verordnung bestimmt, lauten u.a.: a. wesentlicher Beitrag zur Verwirkli- chung mindestens eines Umweltziels, b. keine erhebliche Beeinträchtigung eines Umweltziels, c. Einhaltung internationaler sozialer und arbeitsrechtlicher Mindeststan- dards und d. Einhaltung der technischen Stan- dards, die von der Kommission fest- gelegt werden. Strukturelles Greenwashing vs. Fakten schaffen Die EU-Taxonomie verleiht z.B. Erdgas und Atomkraft ein „grünes Etikett“. Beim WWF war man „enttäuscht“ und sprach von der Schaffung der Grundlage für „strukturelles Greenwashing“. In dem Zusammenhang wäre es interessant, zu wissen, was Anne Lund, die Kreative hin- ter dem Sticker „Atomkraft? Nein Danke“ von 1975, zur EU-Taxonomie sagt, nach- dem Atomkraft plötzlich nachhaltig wurde. Fakt ist, dass es keine Rolle spielt, wie Frau Lund, diverse NGOs, Parteien oder Sie oder wir dies beurteilen. Die EU hat Fakten geschaffen und das ist grundsätz- lich gut so. Grundsätzlich beinhaltet dies, dass Ausnahmen möglich sind. In Bezug auf den Kapitalmarkt und die ESG-Richtli- nien ist es fraglich, ob geschaffene Fakten sowohl für Multi-Milliarden-Unternehmen als auch für solche gelten müssen, deren Marktkapitalisierung oder im Falle von Unternehmensanleihen vielleicht theore- tische Marktkapitalisierung im Bereich um oder unter 100 Mio. EUR liegt. Praxis schafft eigene (ESG-)Fakten … Nehmen wir z.B. die Hüttenwerke Königsbronn (HWK1365 SE), oberfläch- lich betrachtet eine Eisengießerei, aber bei näherem Hinsehen ein Weltmarktfüh- rer bei großen Kalanderwalzen – einem echten Hightechprodukt. Es handelt sich dementsprechend um ein modernes, leis- tungsfähiges und mit qualifizierten Mit- arbeitern ausgestattetes Unternehmen, mit einer mechanischen Bearbeitung, die man als State of the Art bezeichnen darf. Marius Hoerner verantwortet als geschäftsführender Gesellschaf- ter der One Square Financial Engineers GmbH das Kapitalmarktgeschäft aller Corporate- Kunden von One Square. Er hat über 30 Jahre Erfahrung an den internationalen Renten- und Aktienmärkten mit Schwerpunkt Corporate Bonds, Small-/Mid-Cap-Aktien und Derivate. Er war in leitenden Positionen bei diversen deutschen Kreditinstituten und Investmenthäusern und verweist auf eine langjährige Erfahrung im Bereich Distressed Debt, komplexe Bondstrukturen sowie in technisch und fundamental quantitativer Asset Allocation. Angela Leser hat über 28 Jahre Erfahrung im Handel von Renten und Aktien sowie im Bereich Institutional Sales mit Schwerpunkt auf „German“ High Yield Corporate Bonds und im Zuge dessen weit über 40 Transaktionen im KMU-Anleihemarkt begleitet. Seit 2021 ist sie Director Corporate Markets der One Square Financial Engineers GmbH. Frau Leser ist zugelassene Wertpapier- händlerin in Frankfurt und Wien.

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (5. Jg.) • Seite 26 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen Prüfung wird nicht das Problem sein. Es ist die Kontinuität, die jährliche Prüfung und die Überwachung aller internen Daten, die bei einer ESG-Prüfung zu berücksichtigen sind. Inklusive Perso- nalkosten sprechen wir da schnell über einen hohen fünfstelligen Betrag, der jährlich zusätzlich zu den erhöhten Kos- ten des Jahresabschlussprüfers für die CSRD-Prüfung anfällt und auch zulas- ten der Aktionäre oder Gesellschafter geht. Das ESG-Bürokratiemonster scharrt schon (wieder) mit den Hufen Welcher institutionelle Investor, welcher Fonds oder welcher Anleger wie und über welches Instrument in die Zukunft unserer Erde investiert, regeln ESG-Anlage- vorschriften, ESG-Investmentkriterien, ESG-Investmentregularien, ESG-Gremien, ESG-Beratungs- und Verwaltungsverträge. Neu zum Regulierungstsunami hinzu kommt nun die neue CSRD-Richtlinie zur ESG-Berichterstattung. Der Euro- päische Rat hat Ende 2022 die neue Richtlinie für die Nachhaltigkeitsbericht- erstattung von Unternehmen verab- schiedet, die mit einer Umsetzungszeit in nationales Recht von 18 Monaten als- bald zur Pflicht für eine Reihe von Unter- nehmen wird. Bei einer Google-Recher- che kommt man von der Corporate Freianzeige_Arktis_4C_145x40mm Freianzeige_Arktis_4C_145x40mm Sustainability Reporting Directive zur Non-Financial Reporting Directive, zur doppelten Wesentlichkeit, zur Berichts- pflicht über die gesamte Wertschöp- fungskette, zur Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR), zur grünen Taxonomie usw. All das soll die europäische Wirtschaft nachhaltig ver- ändern. Und auch 2025 brüllt der Papiertiger weiter … Eine neue EU-Verordnung sieht vor, dass in Zukunft die Geschäfts- tätigkeiten von ESG-Ratingagenturen und insgesamt Ratings (auch z.B. interne von Fondsgesellschaften) reguliert wer- den sollen. Ein Wahnsinn: von „Who owns the credit“ zu „Who is going to take care of all this“? Foto: © aghavnishahinyan1 – freepik.com SCHÜTZT DIE ARKTIS SCHÜTZT DIE ARKTIS Anzeige SCHÜTZT DIE ARKTIS Freianzeige_Arktis_4C_145x40mm Freianzeige_Arktis_4C_145x40mm

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (5. Jg.) • Seite 28 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen RECHT & REGULIERUNG von Dr. Anne de Boer, Rechtsanwältin und Partnerin, und Meike Dresler-Lenz, Rechtsanwältin, HEUKING Grüne Anleihen: ICMA und Europäischer Green Bond Standard Die Finanzierung der Transformation der europäischen Wirtschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit ist ein zentrales Thema der EU. Zu diesem Zweck wird schrittweise ein umfassendes EU Sustainable Finance Framework geschaffen. Dazu zählen Klassifizierungs- systeme wie die EU-Taxonomie für ökologisch nachhaltige Aktivitäten und die geplante Taxonomie für soziale Nachhaltigkeit, die nachhaltigkeitsbezogenen Offenlegungspflichten (Sustainable Finance Disclosure Regulation; SFDR), die Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive; CSRD) sowie Regelungen für nachhaltige Finanzprodukte wie der EU Green Bond Standard. Bislang werden nachhaltige Anleihen vorwiegend nach den freiwilligen Markt- standards der International Capital Market Association (ICMA)1 aufgesetzt. Diese sehen Standards für grüne, soziale und nachhaltige sowie Sustainability- Linked Bonds vor. Ende 2023 hat die EU den European Green Bond Standard (EUGBS) für grüne Anleihen verabschiedet, der Ende 2024 in Kraft tritt. Damit soll ein Goldstandard für grüne Anleihen mit besonders hohen Anforderungen an Transparenz und Vergleichbarkeit geschaffen werden. Grundverständnis ICMA und EUGBS Beim EUGBS liegt der Fokus auf Ein- bindung in das EU Sustainable Finance Framework, indem die Erlöse weitgehend entsprechend der EU-Taxonomie zu verwenden vergleichbarem Reporting einschließlich Prüfung und der Überwachung des Emittenten und der Prüfer. Bei den ICMA-Standards wird neben dem Reporting der Fokus auf die Abläufe, und zwar bei der Auswahl der zu finanzierenden Projekte und der Nachverfolgung der Erlöse gelegt. sind, Mittelverwendung Die Nettoerlöse beim EUGBS … • können in Anlagevermögen, Investitions- oder Betriebsausgaben und finanzielle Vermögenswerte investiert werden. • müssen zu mindestens 85% für Aktivi- täten verwendet werden, die gemäß den technischen Bewertungskriterien einen wesentlichen Beitrag zu mindestens einem der sechs Umwelt- ziele der EU-Taxonomie leisten und keines der fünf anderen Ziele wesentlich beeinträchtigen.2 Zusätzlich müssen auch arbeits- und menschenrechtliche Mindeststandards eingehalten werden. • können zu bis zu 15% in den Taxonomie- zielen dienende Wirtschaftsaktivitäten investiert werden, für die es noch keine technischen Bewertungs- kriterien gibt, oder in wenige andere spezifische Aktivitäten. 1 https://www.icmagroup.org/sustainable-finance/the-principles- guidelines-and-handbooks/ 2 Im Fall der Änderung von technischen Bewertungskriterien unter der EU-Taxonomie besteht für noch nicht verwendete Erlöse und Erlöse, die in einem CapEx-Plan enthalten sind, ein eingeschränk- ter Bestandsschutz für sieben Jahre ab der Emission. Dr. Anne de Boer, LL.M. (RSA), (li.) ist Rechtsanwältin und Partnerin im Stuttgarter Büro von HEUKING. Sie begann 2002 als Rechtsanwältin bei Lovells im Bereich M&A/PE und ist nach Station bei GSK Stockmann seit 2015 für HEUKING tätig. Ihre Schwerpunkte liegen im Finanzierungs- und Kapitalmarktrecht einschließlich nachhaltiger Finanzierungen. Sie berät zudem in der Kapitalmarkt- Compliance sowie im Gesellschaftsrecht und bei Unternehmenstransaktionen. Sie ist Mitglied des French Desk. Zudem ist sie jeweils Co-Leiterin der Praxisgruppe ESG Nachhaltiges Wirtschaften sowie der Praxisgruppe Kapital- marktrecht bei HEUKING. Meike Dresler-Lenz, Rechtsanwältin, berät am Kölner Standort von HEUKING im Bereich Kapitalmarkt-, Aktien- und Gesell- schaftsrecht/M&A. Ihr Schwerpunkt liegt auf der projektbezogenen und laufenden Beratung von Unternehmen des kapitalmarktorientierten Mittelstands, auch im Bereich der Finanzierung und des Nachhaltigkeitsmanagements. Sie ist seit 1996 als Rechtsanwältin tätig und hat zudem jeweils mehrjährige Erfahrungen als Syndikus- anwältin bei einem Telekommunikationsunter- nehmen und einem Finanzdienstleister gesammelt.

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (5. Jg.) • Seite 30 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen RECHT & REGULIERUNG von Christina Tyca, Second Party Opinions Product Lead, Daria Ezhkova, Senior ESG Research Analyst, und Sebastian Füllgraf, ESG Research Analyst, imug rating EU-Regulierung: Wie sich europäische ESG-Ratingagenturen neu aufstellen können – am Beispiel von EthiFinance Kaum ein Geschäftsfeld der nachhaltigen Finanzwirtschaft wurde in letzter Zeit häufiger kritisiert als jenes der ESG-Rating- agenturen. Die unabhängige Rating-, Research- und Beratungsgruppe EthiFinance gibt Einblicke, wie sie mit den durch die Kritik geförderten Marktveränderungen umgeht und strukturell sowie methodisch einen europäischen Weg einschlägt. Wie sich das Geschäftsfeld für europäische ESG- Ratingagenturen ändert EU-Taxonomie, SFDR oder auch MiFID II – bisher betrafen regulatorische Verän- derungen im nachhaltigen Finanzmarkt vor allem Banken und Assetmanager sowie die Finanzberatung. Seit Jahres- beginn ist klar: Auch ESG-Ratingagentu- ren müssen sich strengeren Rechtsvor- Christina Tyca (li.) ist bei imug rating als Second Party Opinions Product Lead für die DACH- Region von EthiFinance tätig. Sie absolvierte ein Studium in Sustainability, Economics and Management (M.A.) und hat einen Bachelor in Umweltwissenschaften (B.Sc.). Daria Ezhkova (Mi.) ist bei imug rating als Senior ESG Research Analyst im Bereich Second Party Opinions für EthiFinance tätig. Sie absolvierte ein Diplomstudium in International Business und VWL (M.Sc.). Sebastian Füllgraf ist bei imug rating als ESG Research Analyst für die ESG Rating Agency von EthiFinance tätig. Er absolvierte ein Studium der Betriebs- wirtschaftslehre (B.Sc.) und hat einen Master in Nachhaltigem Wirtschaften (M.Sc.). schriften anpassen. Zentraler Auslöser der neuen Regulierung war eine wach- sende Kritik an der Branche. Neben einer erheblichen Konsolidierung des Markts auf angloamerikanische Glo- bal Player über das letzte Jahrzehnt hin- weg1 wurden auch Stimmen aus der Wis- senschaft laut, die den Umgang mit ESG- Ratings und -Scores kritisch beschrieben. Es wurde beispielsweise auf die fehlende Transparenz der Methodik sowie der „Messung“ an sich und die daraus resul- tierende mangelnde Vergleichbarkeit verschiedener ESG-Ratings verwiesen.2 Außerdem wurde festgestellt, dass im Bereich „Environmental“ Diskrepanzen zwischen Anbietern existieren sowie in den Bereichen „Social“ oder „Governance“ sogar teils deutlich unterschiedliche Auf- fassungen vertreten sind, welche Aspekte im Detail in ein ESG-Rating gehören. Für Aufsehen sorgten Fälle, bei denen diese Abweichungen zu unterschiedli- chen Ergebnissen bei Ratings mit dem- selben Untersuchungsgegenstand führ- ten – etwa, wenn dasselbe Unternehmen in einigen Ratings hervorragend und in anderen deutlich schlechter abschnitt. 1 Z.B.: Mergers and Acquisitions of ESG Firms: Towards a New Financial Infrastructure?, Dimmelmeier, 2020 2 Z.B.: Aggregate Confusion: The Divergence of ESG Ratings, Berg, Kölbel, Rigobon, 2022 Erster Schritt: europäische Strukturen schaffen – am Beispiel der ESG Rating Agency Eine wesentliche Anforderung der neuen Regulierung an ESG-Ratinganbie- ter ist die Vermeidung und Bewältigung von Interessenkonflikten in Form einer klaren Trennung von Bewertungs- und Beratungsdienstleistungen. EthiFinance löst die Gruppierung der Bewertungs- dienstleistungen über die Gründung einer ESG Rating Agency auf Abtei- lungsebene. Grüne und soziale Anlei- hen für Second Party Opinions werden unter dem Dach der ESG Rating Agency in deutsch-französisch-spanischen Teams überprüft, die sich in relevante Wirtschaftssektoren aufteilen. So wird die Expertise im Hinblick auf das jewei- lige Land und die Branche sicherge- stellt. Neben Second Party Opinions werden Nachhaltigkeitsratings in beauf- tragter („solicited“) und unbeauftragter („non-solicited“) Form mit dem Fokus auf kleine und mittelgroße europäische Unternehmen erstellt, darüber hinaus auch Bewertungen im Bereich EU-Taxonomie und Klimarisikoanalysen. Leitgedanke der ESG Rating Agency ist eine klare Ausrichtung auf die doppelte Wesentlichkeit. Unter diesem Ansatz werden Unternehmen aus zwei Blink- winkeln analysiert:

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (5. Jg.) • Seite 32 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen strikte Orientierung an der EU-Taxonomie für die Verwendung der Emissionserlöse erforderlich, auch wenn derzeit eine „Flexquote“ von 15% eingeräumt wird. Der EU Green Bond Standard zeichnet sich neben hohen Nachhaltigkeits- durch hohe Transparenzanforderungen aus: Emittenten müssen zukünftig einen Wertpapierprospekt nach der ProspektVO, ein Informationsblatt zur geplanten Erlösverwendung sowie einen jährli- chen Allokationsbericht erstellen. Dabei kann für sie insbesondere der Impact- Bericht, welcher Auskunft zu Umwelt- auswirkungen nach der Allokation aller Mittel gibt, eine neue Herausforderung darstellen. Was bedeutet der neue Standard für ESG-Ratingagenturen? Die wichtigste Änderung ist die verpflich- tende Registrierung bei der Europäischen Anzeige Foto: © EyeEm – freepik.com Wer sein Geld ökologisch nachhaltig, sinnvoll und rentabel anlegen will, vertraut seit 1991 auf den Informationsdienst Öko-Invest. Er liefert (digital oder per Post) aktuelle Analysen, Übersichten und Tipps zu • nachhaltigen Fonds, Wind-, Solar- und Wasserkraftbeteiligungen • über 40 nachhaltigen Titeln im Musterdepot, z.B. Aktien von Geberit, Shimano und Verbund (mit Kursgewinnen bis über 5.000%) • 25 Natur-Aktien im Index nx-25 (+2.000% von 1997 bis 2/24) • 30 Solar-Aktien im Index PPVX (+700% von 2003 bis 2/24) • ausserbörslichen Aktien wie Solarcomplex oder Öko-Test • Warnungen vor (grün-)schwarzen Schafen. Das Handbuch Grünes Geld 2020 enthält (in der 8. aktualisierten Auflage) auf rund 380 Seiten wieder einen umfassenden Überblick über nahezu alle Öko-Investment-Möglichkeiten samt neuer Kapitel wie Green Bonds und Crowd-Investments. Das Handbuch (Einzelpreis 24,90 Euro portofrei mit Rechnung) und ein kostenloses Öko-Invest-Probeheft können Sie abrufen beim Öko-Invest-Verlag, Schweizertalstr. 8-10/5, A-1130 Wien www.oeko-invest.net, Tel. 0043-1-8760501, oeko-invest@teleweb.at Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA). Künftig dürfen nur registrierte Agenturen ein Rahmenwerk nach dem neuen EU Green Bond Standard prüfen. Darüber hinaus wird durch nationale Aufsichtsbehörden geprüft, ob Unterneh- men den Transparenz- und Informations- pflichten nachkommen. EthiFinance hat die notwendigen Schritte bereits eingelei- tet: Die Gruppe strebt eine Registrierung für die neu gegründete ESG Rating Agency an, um Prüfungen gemäß dem EU Green Bond Standard durchführen zu können. Auch weitere Vorberei- tungen wie eine Operationalisierung der Methodik laufen. Wie sich der Markt unter dem europäi- schen Green Bond Standard entwickelt, hängt davon ab, ob potenzielle und ins- besondere mittelständische Emittenten den Fokus auf die EU-Taxonomie als Ein- schränkung betrachten. Für Banken hat das Thema EU-Taxonomie bereits an Relevanz gewonnen, da sie seit diesem Jahr ein Green Asset Ratio veröffent- lichen müssen. Inwieweit die Regulie- rungen ineinandergreifen, werden die kommenden Monate zeigen.

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (5. Jg.) • Seite 34 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen RECHT & REGULIERUNG von Dr. Gerrit Fey, Leiter Fachbereich Kapitalmärkte, Deutsches Aktieninstitut Was ist von der neuen EU-Regulierung von ESG-Ratings zu halten? Das EU-Rahmenwerk für Sustainable Finance hat einen weiteren Baustein. Künftig werden die Anbieter von ESG-Ratings reguliert. Darauf haben sich das EU-Parlament und die EU-Mitgliedstaaten jüngst geeinigt. Das ist ein wichtiger Schritt, denn ESG-Ratings beeinflussen Investitionsentscheidungen und gleichzeitig mangelt es dem jungen Markt noch an Transparenz und Professionali- tät. Der neue Regulierungsrahmen wird dazu beitragen, die Verlässlichkeit von ESG-Ratings zu verbessern. Es verbleiben jedoch signifikante Lücken im Regelwerk. ESG-Ratings haben sich in den vergan- genen Jahren als Maßstab für die Nach- haltigkeitsperformance von Unterneh- men etabliert. Zunehmend wirken sich ESG-Ratings darauf aus, ob und in wel- chem Ausmaß Investoren in Unterneh- men investieren. Zahlreiche Anbieter von ESG-Ratings versuchen, mit unterschied- lichen Zielsetzungen und Methoden Mehrwert für Investoren und andere Stakeholder zu generieren. So weit, so gut. Dr. Gerrit Fey, Leiter Fachbereich Kapitalmärkte, Deutsches Aktieninstitut e.V., kümmert sich um Grundsatzfragen der Kapitalmärkte. Er analysiert und kommentiert Transparenz- und Verhaltenspflichten börsennotierter Unternehmen und die Auswirkungen von Kapitalmarktregeln auf das Risikomanagement und die Finanzierung von Unternehmen. Zuletzt hat er für das Deutsche Aktieninstitut die Positionierung zur Regulierung von ESG-Ratings in der EU koordiniert. Nachholbedarf in puncto Transparenz und Professionalität Wer sich jedoch mit Unternehmensvertre- tern für ESG-Ratings unterhält, wird fest- stellen, dass hinsichtlich Transparenz und Professionalität Nachholbedarf besteht: • Erstens sind Ratingmethoden insge- samt nicht hinreichend transparent. Oft fällt es Unternehmen dadurch schwer, zu verstehen, welche Indika- toren mit welchem Gewicht in ein Rating einfließen. Sie wissen damit auch nicht, was sie tun können, um eine ESG-Bewertung zu verbessern. Das erschwert die Prioritätensetzung bei der Steuerung von ESG-Zielen und die Kommunikation mit Investo- ren über Ratingeinschätzungen. • Zweitens sind Datenfehler in Bezug auf Inputfaktoren eines ESG-Ratings nicht selten. Im besten Fall lassen sich solche Fehler – sofern sie überhaupt auffallen – im Dialog mit den Anbie- tern korrigieren. Dies ist jedoch auf- wendig, da etablierte Kanäle der Inter- aktion oft noch fehlen. Im schlimmsten Fall entstehen irreführende Ratings, die auf falschen oder unvollständigen Eingabedaten oder verzerrten Inter- pretationen derselben beruhen. Dass in einem schnell wachsenden Markt nicht alles perfekt ist, ist verständ- lich. Allerdings werden von den Einord- nungen der ESG-Ratingagenturen mil- liardenschwere Finanzentscheidungen beeinflusst. Im Interesse funktionsfähi- ger Kapitalmärkte müssen ESG-Ratings deshalb einem hohen Anspruch an Pro- fessionalität und Verantwortung gerecht werden. EU-Regulierung stärkt Transparenz und Verlässlichkeit Hier setzt die neue EU-Verordnung zur Regulierung von ESG-Ratings an, die nach einer Übergangsfrist voraussicht- lich Anfang 2026 anzuwenden ist. Nach der Verordnung müssen sich die Anbie- ter von ESG-Ratings bei der europäi- schen Wertpapieraufsicht ESMA regis- trieren lassen. Sie müssen dazu eine Reihe von regulatorischen Anforderun- gen erfüllen – sonst dürfen sie ihre Dienstleistungen in der EU nicht mehr anbieten. Neben Anforderungen an die interne Organisation und Compliance sowie zur Vermeidung von Interessenkonflik- ten kommt dabei zwei Elementen der Regulierung eine besondere Bedeu- tung zu:

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (5. Jg.) • Seite 36 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen RECHT & REGULIERUNG von Anita Roßbach, Senior Consultant, EULE Corporate Capital Nachhaltigkeitsberichterstattung für KMU – jetzt schon anfangen? Nachhaltigkeit, ESG und CSR sind in aller Munde und die Berichterstattung nach CSRD eine neue, zentrale Herausforderung. Aber betrifft das nicht nur die großen Unternehmen? Wer ist wann berichtspflichtig und wie geht man die Nachhaltigkeitsbericht- erstattung systematisch und durchdacht an? Sustainability Mit der Verabschiedung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) sowie dem delegierten Rechtsakt zu den European Reporting Standards (ESRS) ist Nachhaltigkeitsbericht- erstattung zu einem Muss geworden. Die- ses Jahr haben sich die Anforderungen an Unternehmen in Deutschland signifi- kant verändert und deutlich mehr Unter- nehmen als vorher werden schrittweise ab 2025 zu Themen Bericht erstatten müssen, die sie oftmals noch nicht so sehr auf dem Radar haben. Zwar sind bereits viele Unternehmen im Bereich ESG aktiv und auf einem guten Weg in eine nachhal- tigere Zukunft – systematisch aufgestellt und bereit für die umfassende Nachhaltig- keitsberichterstattung auf Basis der CSRD dürften jedoch bisher die wenigsten sein. Wann sind Sie dran? Im ersten Schritt, also ab dem Berichts- jahr 2024, sind zunächst jene großen, kapitalmarktorientierten Unternehmen berichtspflichtig, die bereits der Non- Financial Reporting Directive (NFRD) unterliegen. Bereits ab dem Berichtsjahr 2025 betrifft die neue Berichtspflicht jedoch auch alle anderen großen Unter- nehmen, die zwei der drei Größenkrite- rien1 überschreiten. Ab dem Berichtsjahr 1 Bilanzsumme mind. 25 Mio. EUR; Nettoumsatzerlöse mind. 50 Mio. EUR; durchschnittliche Anzahl der Beschäftigten mind. 250 2026 sind dann auch kapitalmarktorien- tierte KMU betroffen, mit Ausnahme von Kleinstunternehmen2. Daraus ergibt sich, dass in den kommenden Jahren sukzessive fast alle kapitalmarktorien- tierten Unternehmen in Deutschland vor ganz neuen, sehr umfassenden Heraus- forderungen stehen und auch kleine und mittelständische Unternehmen davon nicht ausgenommen sind: Denn selbst wenn Ihr Unternehmen nicht direkt betroffen ist, kann dies indirekt über die berichtspflichtigen Unterneh- men im Rahmen von Wertschöpfungs- und Lieferkette der Fall sein. Die Kom- plexität der Anforderungen an die neue Nachhaltigkeitsberichterstattung ist dabei nicht zu unterschätzen. Alles eine Frage der Perspektive Was heißt das nun für Ihr Unternehmen? Erst einmal: sich auf das neue Thema Nachhaltigkeit einzulassen, unabhängig davon, wann Sie direkt oder indirekt betroffen sind. Optimalerweise beginnt dieser Weg beim Mindset der Geschäfts- führung und den Beteiligten mit einer klaren strategischen Planung. Hier ist es zentral, Nachhaltigkeitsberichterstat- 2 Bilanzsumme unter 450.000 EUR; Nettoumsatzerlöse unter 900.000 EUR. Quelle jeweils: Delegierte Richtlinie der Kommission vom 17.10.2023 zur Änderung der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch Anpassung der Größenkriterien für Kleinstunternehmen und für kleine, mittlere und große Unter- nehmen oder Gruppen Anita Roßbach berät bei EULE Corporate Capital GmbH als Senior Consultant mittelständische Unternehmen in den Bereichen Kapital- markt-, Unternehmens- und Krisenkommu- nikation sowie Unternehmensfinanzierung. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf allen Themen rund um Nachhaltigkeit. tung nicht nur als lästige Pflicht, sondern als Chance zu begreifen, dieses wich- tige Thema systematisch in Ihrem Unter- nehmen anzugehen, zu strukturieren und so die Potenziale nutzen zu können, die es bietet: Denn die ESG-Bericht- erstattung dient auch als strategisches Instrument zur Schaffung von Transpa- renz und Vertrauen und kann Ihnen Vor- teile bei der Kapitalbeschaffung gewäh- ren. Neben dem verbesserten Zugang zu finanziellen Ressourcen profitieren gerade KMU auch von einem positive- ren Image als Arbeitgeber sowie bei Vertragsabschlüssen.

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (5. Jg.) • Seite 38 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen Erst dann erfolgt die Nachhaltigkeitsbe- richterstattung, die zwingend im Lagebe- richt verankert ist und als Teil der Geschäftsberichterstattung der externen Prüfpflicht durch den Wirtschaftsprüfer unterliegt. Darüber hinaus kann die Nachhaltigkeitsberichterstattung natür- lich auch für Marketing- und Vertriebs- zwecke genutzt sowie in Form der allge- meinen Unternehmenskommunikation über verschiedene Kanäle verbreitet werden. All dies kann den umfassenden Pro- zess der Nachhaltigkeitsberichtserstat- tung auf Basis der CSRD nur grob anrei- ßen, zeigt aber deutlich, dass es sich um einen Marathon (und keinen Sprint) handelt, der einer entsprechenden Vor- bereitung bedarf. Schließlich ist die nicht-finanzielle Berichterstattung auf Anzeige einer Stufe mit der bestehenden finan- ziellen Berichterstattung zu sehen – und erfordert damit vergleichbare Res- sourcen. Daneben bietet sie aber auch vielerlei Chancen, nicht zuletzt, dass Unternehmen ihr eigenes Handeln im Kontext der sich immer stärker auch finanziell auswirkenden Nachhaltig- keitsthemen konsequent hinterfragen, sich strategisch für die Zukunft aufstel- len und entsprechende Maßnahmen ergreifen. Foto: © kuprevich – freepik.com

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (5. Jg.) • Seite 40 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen EMITTENTEN IM FOKUS Interview mit Dr. Karsten Schlageter, Vorstand und Sprecher, ABO Wind „Eine ganze Reihe von Projekten unserer Pipeline auf den Weg bringen“ Die ABO Wind AG emittiert erstmals einen Green Bond, der Kupon wird in einer Spanne zwischen 7,0 und 8,0% festgelegt werden. Zum Emissionsstart sprach BondGuide mit Dr. Karsten Schlageter. BondGuide: Herr Dr. Schlageter, zum Aufwärmen und Einstieg kurz: wieso eigentlich ABO Wind, wofür stehen die drei Großbuchstaben? Ich bin auf der Website leider nicht fündig gewor- den. Schlageter: Der erste Teil unseres Fir- mennamens ist ein Akronym aus den Nachnamen der beiden Gründer Dr. Jochen Ahn und Dr. Matthias Bockholt; und ‚Wind‘, da wir bei Gründung als Unternehmen rein für Windenergie gestartet sind. Das passte in jüngster Zeit zunehmend weniger: Wir sind heute viel breiter aufgestellt und Windkraft ist nur noch Teil des Gesamtspektrums. Die anderen sind Solar, Batterien und Was- serstoff. Unser künftiger Unternehmens- name wird daher auch folgerichtig ABO Energy lauten. BondGuide: Und Ihre Promotion hilft Ihnen im Energiegeschäft …?! Schlageter: … indirekt. Die Promotion war in internationaler Volkswirtschaft. Das hat insbesondere bei unserer Internatio- nalisierung geholfen. Im Energiegeschäft hilft aber vor allem meine langjährige Erfahrung in der Energiewirtschaft, u.a. bei EnBW für das Erneuerbare-Energie- Geschäft. Wir konzentrieren uns auf Projektierung in unseren mittlerweile 16 Märkten und in einigen Märkten zusätzlich noch auf den Bau. BondGuide: Sind Sie nach den vielen Jahren noch motiviert oder bekommen Sie auch wie Minister Habeck das eine oder andere zusätzliche graue Haar, da es einmal mehr nicht rasch genug voran- geht? Schlageter: ABO Wind ist bereits vor 28 Jahren angetreten, um die Energie- wende voranzubringen. Das hat uns schon damals motiviert und das tut es noch heute – jeder Mitarbeiter auf sei- nem Level und in seinem Zuständig- keitsbereich. In den letzten Jahren hat die Dynamik der Energiewende deut- lich an Fahrt aufgenommen und wir sehen hier schon viele Verbesserun- gen. Lassen Sie mich an der Stelle aber klarstellen, dass wir kein Energieversor- ger sind: Wir konzentrieren uns auf Pro- jektierung in unseren mittlerweile 16 Märkten und in einigen Märkten zusätz- lich noch auf den Bau. Ein Betreiber sind wir nicht. Nach Fertigstellung eines Projekts übergeben wir an den zustän- digen Betreiber. Wir bieten in vielen Ländern aber optional die Möglichkeit, die Betriebsführung der fertiggestellten Parks zu übernehmen. BondGuide: Mit anderen Worten: Einen guten Draht zu Petrus benötigt eine ABO Wind demnach nicht? Dr. Karsten Schlageter ist Wirtschaftsingenieur und seit 2013 bei der ABO Wind AG – zunächst als Bereichsleiter, seit 2018 als Vorstand und seit 2022 als deren Sprecher.

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (5. Jg.) • Seite 42 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen Schlageter: Im Solarbereich sehen wir eine ganz deutliche Mengenausweitung. Bei der Windkraft auch, aber hierbei sind die Verfahren ohnehin aufwendiger und dauern länger. Jedenfalls sind die Genehmigungswahrscheinlichkeiten eingereichter Anträge deutlich gestie- gen. Der Ausbau der Erneuerbaren wird nunmehr eingeordnet als „in überragend öffentlichem Interesse“, sodass wir bei Genehmigungsanliegen für bestimmte Flächen von schnelleren Verfahren pro- fitieren können. Also, ja: Die Verfahren haben sich spürbar beschleunigt. Der Ausbau der Erneuerbaren wird nunmehr eingeordnet als ‚in überragend öffentlichem Interesse‘. BondGuide: Wie waren Sie denn bisher finanziert? Ich erinnere mich an einen Schuldschein aus dem Jahr 2022. Schlageter: Mit der GLS hatten wir schon 2021 eine nachrangige Anleihe zu seiner- zeit recht attraktiven Konditionen, 2022 dann einen Debütschuldschein, der auch nicht börsennotiert war. Unsere jetzige Neuemission, ein Green Bond, wird an der Börse handelbar sein. Wie auch die Stel- lungnahme, die Second Party Opinion, von imug rating bescheinigt, stimmt die vorge- sehene und zu dokumentierende Mittel- verwendung der Anleihe mit den Leitlinien der Green Bond Principles überein, die von der ICMA herausgegeben wurden. BondGuide: Was sagt der Finanzvor- stand zum Kupon? Schlageter: Wir fühlen uns mit der ange- botenen Zinsspanne von 7,0 bis 8,0% gut aufgestellt und fair bewertet. Für einen Projektentwickler hat die ABO Wind wei- terhin eine überdurchschnittliche Eigen- kapitalquote von rund 39%. Wir haben auch eine inflationsindexierte Anleihe besprochen, aber irgendwann wurde es uns ehrlich gesagt zu kompliziert. Dann wäre es das auch für Investoren – wir sind daher beim einfachen, transparen- ten Set-up für die Emission geblieben. BondGuide: Stimmt mit der neuen Anleihe mit Laufzeit bis 2029 Ihr gesam- tes Fälligkeitsprofil, alle Finanzinstru- mente zusammengenommen? Schlageter: Unsere Finanzinstrumente bestehen sowohl aus Darlehen, die vier- tel- oder halbjährlich getilgt werden, als auch aus endfälligen Instrumenten. Wel- che Struktur jeweils gewählt wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Mit unserer Gesamtstruktur fühlen wir uns hervorragend aufgestellt. Wir pflegen einen sehr engen Draht zu unseren Finanzierungspartnern. Neu- und Refi- nanzierungen gehen wir gemeinsam stets rechtzeitig an. BondGuide: Berühmte Frage zum Abschluss: Was wäre aus Ihrer Sicht das größte Einzelrisiko für Ihr Unterneh- men?! Schlageter: Da wir konservativ finan- ziert und in Bezug auf Märkte und Spar- ten breit diversifiziert sind, kann es in dieser Hinsicht nichts sein. Bleiben vielleicht die Lieferketten. Richtig ist, dass Sie heute wieder alles bekommen können, was Sie für Geld kaufen kön- nen – aber es ist zum Teil teurer gewor- den und die Lieferzeiten sind länger. Man muss früher anzahlen und das Kapital bleibt länger gebunden. Auch um diesen längeren Vorfinanzierungen Rechnung zu tragen, hilft natürlich der Emissionserlös aus unserer neuen Anleihe. BondGuide: Herr Dr. Schlageter, ganz herzlichen Dank für Ihre Zeit und die zahlreichen Details! Das Interview führten Falko Bozicevic und Michael Fuchs. Unsere Finanzin- strumente bestehen sowohl aus Darlehen, die viertel- oder halb- jährlich getilgt werden, als auch aus endfälligen Instrumenten. Anleiheübersicht – ABO Wind Green Bond 2024-29 Emittent ISIN/WKN ABO Wind AG DE000 A3829F 5 Emissionsvolumen bis zu 50 Mio. EUR (ggf. Aufstockung) Kupon Stückelung Laufzeit Rückzahlung Angebotsfrist Status 7,0 bis 8,0% p.a. (halbj. Zahlung) 1.000 EUR 5 Jahre, 08.05.2024 bis 08.05.2029 (ausschließlich) am 08.05.2029 zu 100% des Nennwerts vsl. 12.04. bis 02.05.2024 (vorz. Schließung vorbehalten) nicht besichert, nachrangig Vorzeitiges Kündigungsrecht des Emittenten nein Börse Covenants Notierung im Frankfurter Freiverkehr Open Market wird beantragt u.a. Einhaltung von Verschuldungsgradkennzahlen (Anleihe-)Rating Green Bond (SPO/imug rating) Banken/Sales B. Metzler, M.M.Warburg Internet www.abo-wind.com/anleihe

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (5. Jg.) • Seite 44 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen EMITTENTEN IM FOKUS von Jens Christoph, CFO und Prokurist, LEEF Blattwerk Das übersehene Material – warum wir mit den alten Herange- hensweisen nicht die Klima- und Plastikprobleme lösen werden Die Welt verpackt nahezu alles – Lebensmittel, fertige Speisen, Alltagswaren, Luxusgüter, Nötiges und Unnötiges. Die Gemeinsam- keit: Alles wird verpackt, überwiegend in Plastik. Hier addieren sich zwei Zukunftsprobleme zu einem sprichwörtlichen gordischen Knoten: Plastik hat bei langlebigen Gütern seine Berechtigung, muss aber in schnell drehenden Einwegprodukten und Gebrauchs- gütern drastisch reduziert werden. Viele Alternativen zu Plastik lösen jedenfalls nicht das Problem der Herstellung – alle Materialien müssen energieintensiv produziert werden und ziehen häufig eine ganze Kaskade anderer Probleme nach sich. Dabei ist es einer- lei, ob man Aluminium, Bagasse (Zuckerrohr), Papier oder Bioplastik betrachtet. Die Liste der meist komplexen Folgeprobleme ist enorm, die Wissenschaft spricht in diesem Zusammenhang von „regrettable substitutions“. Die Folgeprobleme haben eines gemein- sam: Sie sind systemimmanent und las- sen sich trotz intensiver Versuche nicht wegdiskutieren. Die Beimischungen von per- und polyfluorierten Substanzen (PFAS) in Bagasseprodukten sind nur ein Beispiel vielfältiger und komplexer Pro- blemfelder, die bereits die Regulierungs- behörden weltweit auf den Plan gerufen haben. Der enorme Energieverbrauch bei der Aluminiumproduktion ist ein anderes Beispiel. Die Natur produziert Material, indem sie CO2 bindet – der Mensch produziert Material, indem er CO2 freisetzt Indes hat die Natur eine kongeniale Lösung parat: Sie produziert Blätter an Bäumen und Palmen, die dank Photosyn- these sogar CO2 beim Wuchs binden – insofern machen Menschen das genaue Gegegenteil dessen, was die Natur tut: Sie setzen CO2 frei, wenn sie Material produzieren. Dieses natürlich gewach- sene Material nutzt LEEF, um eine Viel- zahl von Produkten herzustellen. Made by Nature Die Natur stellt mit dem Blatt ein Material zur Verfügung, das fett- und wasserab- weisend ist und in weiten Temperaturbe- reichen verwendet werden kann. Die verwendeten Palmenblätter sind im getrockneten Zustand sehr stabil und daher sogar schnittfest. Schließlich ent- steht durch die natürliche holzähnliche Maserung ein optisch und ästhetisch höchst ansprechendes Produkt – made by Nature. Die derzeit genutzten Palmenblätter wer- den mehrfach im Jahr von der Palme abgeworfen. Die Palmen tragen Nüsse, die Blätter sind somit ein Abfallprodukt der Nussproduktion. Die Mengen sind so groß, dass die Blätter aktuell noch ver- brannt werden. Der Fokus liegt zwar der- zeit auf einer bestimmten Palmenart, um die Prozesse zu optimieren, es können aber genauso gut auch andere Blattarten verarbeitet werden. Weitsichtig lauten alle angemeldeten Patente auf den Begriff Blattmaterial, um später von LEEF universell nutzbar zu sein. Made for Nature Am Ende des Lebenszyklus sollte das Produkt kompostiert werden und das CO2 bleibt nicht nur gebunden, sondern steht als wertvoller Kompost wieder der Natur zur Verfügung – made for Nature. Die Herstellungsverfahren erfordern keine komplizierte Technik, aber die Produktion im Globalen Süden muss Claudio Fritz-Vietta, (li.) CEO & Gründer, LEEF Blattwerk GmbH, hat mehr als zehn Jahre Erfahrung im Palmen- blattgeschäft und weist ein unerschöpfliches Netzwerk in diesem Segment auf. Seine Kar- riere fußt auf einem dreisprachigen Studium in Produkt- und Grafikdesign, gefolgt von Sta- tionen als Senior Designer bei Formart in Hongkong und als Managing Director bei brand it in Hongkong mit insgesamt fast zehn Jahren Erfahrung als Design Professional. Jens Christoph, (Mi.) CFO, Prokurist, LEEF Blattwerk GmbH, kann mehr als 30 Jahre Erfahrung in verschiedenen Führungspositionen im Finanzbereich in unter- schiedlichsten Branchen (Health, Printmedien, E-Commerce, u.a. CFO bei der Fleurop AG) vorweisen. Er war Mitgründer eines internati- onal tätigen Tech-Start-ups (CFO, HR, IT) und besitzt weitreichende Erfahrungen in den Be- reichen Change Management, agile Unter- nehmensstrukturen und Teamaufbau mit den Herausforderungen von Wachstumsphasen. Eva Unruh, COO, Prokuristin, LEEF Blattwerk GmbH, weist mehr als 20 Jahre Erfahrung in den Be- reichen Finance, Compliance und Legal auf. Nach einer Wirtschaftsprüfungskarriere bei KPMG erfolgte der Wechsel zum Großkonzern Daimler AG und später in unterschiedliche Start-ups. Sie war Gründerin und Inhaberin eines Einzelhandelsgeschäfts und agierte freiberuflich als Beraterin für Start-ups. Frau Unruh ist Diplomkauffrau mit CPA-Examen und verhandlungssicher in vier Sprachen.

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (5. Jg.) • Seite 46 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen Beschaffung vorwiegend im Globalen Süden sind unbequem. Das erfordert eine agile Arbeitsweise, Flexibilität und langfristige, strategisch gut geplante, aber dennoch flexible Expansionspläne. Man muss mit Volatilität nicht nur leben, man muss sie lieben, um am Ende einen sauberen Stream zu erzeugen. Vieles davon passt nicht in die herkömmlichen Denkmodelle etablierter Industrien. Out of the Box Konsequente Plastikreduktion und ernsthaft klimafreundliches Wirtschaf- ten erfordern neue Denkmodelle. Die Erkenntnis, dass man Probleme nicht mit derselben Denkweise lösen kann, durch die sie entstanden sind, wird Albert Einstein zugeschrieben. Wird diese systemische Erkenntnis geteilt, sollten Strategie, Erfolge und Status quo iterativ überprüft werden. Die Kompen- sation von CO2-Fußabdrücken ist zum Milliardengeschäft geworden – aber kann das ein erfolgreicher Weg sein? Best Practice hin oder her: Zukunfts- orientierte Unternehmen müssen Wege gehen, die die Vermeidung von CO2 Anzeige deutlich vor die Kompensation stellen. Das ist als einzig sinnvolles Denkmodell zu verstehen, in dem starke, internatio- nale Wachstumsszenarien möglich sind. Und dieses Denken erfordert Beweg- lichkeit auch beim Finanzierungsmo- dell. Für LEEF kamen daher typische Finanzierungsformen mit Venture Capital aus verschiedenen Gründen nicht infrage. Als untypische, kleine Gesell- schaft mit derzeit zwölfköpfigem Mitarbeiterstamm im Kreise der übli- cherweise weitaus größeren Anleihe- emittenten hat LEEF ganz sicher eine Sonderstellung. Auch das ist eine Form, sich von herkömmlichem Denken zu lösen – out of the Box eben. So lösen sich gordische Knoten. Foto: © LEEF Blattwerk GmbH

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (5. Jg.) • Seite 48 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen EMITTENTEN IM FOKUS Interview mit Karsten Reetz, Geschäftsführer, reconcept „Erneuerbare Energien sind und bleiben wesentlicher Schlüssel zur Erreichung einer klimafreundlichen Transformation des Energiesektors“ Die reconcept GmbH hielt sich auch im herausfordernden Jahr 2023 operativ mehr als schadlos. Anno 2024 werden nunmehr neue Meilensteine anvisiert. Im neuerlichen Gespräch mit BondGuide wirft Geschäftsführer Karsten Reetz einen Blick zurück, wagt die Vorausschau und räumt zudem mit dem Mythos auf, dass Erneuerbare Energien in der Bevölkerung keine Akzeptanz (mehr) finden würden. BondGuide: Herr Reetz, als regelmäßi- ger Gesprächspartner müssen wir unseren Lesern das Geschäftsmodell der reconcept nicht mehr näher erläutern. Gehen wir insofern direkt in medias res: Wie hat sich reconcept im Vorjahr vor dem Hintergrund von Inflation, Energie- krise, Haushaltsdesaster im Bund sowie Karsten Reetz ist geschäftsführender Gesellschafter der reconcept GmbH. Nach Eintritt in die reconcept baute der gelernte Bankkaufmann das Unternehmen kontinuierlich aus und stellte die entscheidenden strategischen Weichen für den Start der reconcept-Gruppe als bankenunabhängiges Emissionshaus und Assetmanager im Jahr 2009. Unter seiner Führung wuchs der Bereich Projekt- entwicklung zur zweiten Einkommenssäule der Unternehmensgruppe; zudem öffnete sich das ursprünglich auf Windenergie in Deutschland fokussierte Unternehmen weiteren windreichen Regionen Europas sowie neuen Produktsparten – u.a. der Windenergie in Finnland und der Wasser- kraft in Kanada. dem anhaltenden Kriegstreiben in Ost- europa und im Nahen Osten operativ entwickelt? Reetz: Die Zeiten sind in vielerlei Hin- sicht bewegt und leider krisengeschüt- telt. Mit Blick auf unsere Unternehmens- entwicklung können wir jedoch eine positive Bilanz ziehen. Auch in diesem herausfordernden Marktumfeld haben wir in beiden Geschäftsbereichen – in der Projektentwicklung wie auch im Investment und Assetmanagement – gute Ergebnisse erzielt. BondGuide: Was waren 2023 neben dem 25-jährigen Firmenjubiläum denn Ihre persönlichen (operativen) High- lights? Reetz: Unser Team hat 2023 gemein- sam sehr vieles erreicht, unsere Pro- jektpipeline ist in allen drei Kernmärk- ten – in Deutschland, Finnland und Kanada – ordentlich gewachsen und unsere Eigenkapitalakquise war mit rund 20 Mio. EUR ebenfalls erfolgreich. In Toronto haben wir eine weitere Dependance eröffnet und auch unser Team vor Ort mit erfahrenen Projektent- wicklern ausbauen können. Insbeson- dere gefreut hat mich, dass wir 2023 erneut unter Beweis gestellt haben, dass unsere Strategie aufgeht. So haben wir vergangenes Jahr eine Pro- jektpipeline von sechs finnischen Wind- parks mit in Summe rund 1.200 Mega- watt (MW) erfolgreich veräußert. BondGuide: Ein positives Fazit also. Können Sie das näher erläutern? Werfen wir zudem einen Blick auf Ihre aktuelle Projektpipeline – wie ist der Status quo auf Ihren Kernmärkten? Welche Projekt- erfolge gibt es inzwischen zu vermel- den? Reetz: Blicken wir zunächst auf unseren wachsenden Geschäftsbereich Projekt- entwicklung. Unsere Geschäftsstrategie besteht ja darin, Erneuerbare-Energien- Projekte bis zur Baureife (Ready-to- Build) zu entwickeln und diese in diesem Status gewinnbringend an Investoren zu veräußern. Allein in Deutschland arbei- tet unser Projektentwicklungsteam aktu- ell an rund 50 Solarprojekten mit etwa 870 Megawatt-Peak (MWp). Im Vergleich zum Vorjahr ist dies ein Plus von über 25%. In Finnland – hier liegt unser Schwerpunkt auf Windenergie – wird derzeit ein Projektumfang von 3.000 MW bearbeitet. Das Projektportfolio wächst dabei stetig. So wurde kürzlich ein weiterer Pachtvertrag für eine Flä- che im Nordosten des Landes unter- zeichnet, der die Realisierung eines Windkraftprojekts mit voraussichtlich 800 MW ermöglicht.

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (5. Jg.) • Seite 50 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen von zusätzlichen 200 Gigawatt (GW) Erneuerbare Energien erreichen. Allein die solare Kraftwerkskapazität in Deutsch- land soll von heute rund 82 GW in den kommenden sechs Jahren auf 215 GW ausgebaut werden. Das ist mit dem EEG 2023 gesetzlich vorgesehen. Allein in Deutschland arbeitet unser Projektentwicklungs- team aktuell an rund 50 Solarprojekten mit etwa 870 Megawatt- Peak. BondGuide: Spätestens nach der jüngs- ten Weltklimakonferenz COP 28 in Dubai scheint man den Eindruck zu gewinnen, dass die globale Staatengemeinschaft vermehrt vermeintlich „grüne“ Atom- energie fördern mag, statt die Solar- und Windkraft endlich mit Vollgas auszu- bauen und damit die Übergangsphase so kurz wie möglich zu halten – täuscht dieser Eindruck? Reetz: Tatsächlich ja, das täuscht. 20 Staa- ten hatten die Atomkraft auf die Agenda gebracht, 20 von insgesamt vertretenen 120 Staaten! Auch auf der letzten Klimakon- ferenz standen generell der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und der damit ver- bundene Ausbau Erneuerbarer Energien im Vordergrund. Ferner setzen sich die Länder dafür ein, bis zum Jahr 2030 die Rate der Energieeffizienz von rund 2% auf mehr als 4% zu steigern. Die Debatte um die Versorgungssicherheit mit Energie und die Un- abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus autokra- tischen Staaten im Zuge des russischen Angriffs- kriegs auf die Ukraine hat die Akzeptanz der Erneuerbaren Energien noch einmal in die Höhe schnellen lassen. BondGuide: Was meinen Sie also – hält der (globale) Boom im Bereich Solar- und Windenergie an? Reetz: Der Trend ist unumkehrbar. Von Jahr zu Jahr gehen die Investitionszah- len in Erneuerbare steil nach oben und der Ausbau von Wind- und Solarener- gie schreitet, wenn auch zu langsam, voran. Erneuerbare Energien sind und bleiben ein wesentlicher Schlüssel zur Erreichung einer klimafreundlichen Transformation des Energiesektors. Kli- maschutz ist dabei der zentrale Treiber, in Deutschland, aber auch in Finnland und Kanada – unseren wichtigsten Investitionsländern. BondGuide: Kommen wir abschließend noch zu Ihren Emissionsaktivitäten: Mit dem Solar Bond Deutschland I und II war reconcept auch als Emittent grüner Geld- anlagen im Vorjahr überaus erfolgreich unterwegs. Inzwischen war zu verneh- men, dass Sie einen neuen Bond im Angebot haben. Reetz: Das ist richtig: Wir sind seit dem 15.03. mit einem neuen Green Bond auf dem Markt. Der reconcept Green Bond III bietet über eine Laufzeit von sechs Jahren eine feste Verzinsung von jähr- lich 6,75%. Anleger investieren damit in unser grünes und seit über 25 Jahren erfolgreiches Geschäftsmodell. Die Kombination aus Projektentwicklung und grüner Geldanlage ist gefragter denn je. Die Kombination aus Projektentwicklung und grüner Geldanlage ist gefragter denn je. BondGuide: Herr Reetz, besten Dank für die aufschlussreichen Einblicke und Ihre Zeit. Das Interview führte Michael Fuchs.

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (5. Jg.) • Seite 52 Partner der Ausgabe im Portrait Partner der Ausgabe im Portrait Foto: © ImageFlow – freepik.com Die 1996 gegründete ABO Wind AG ist ein führender Entwick- ler Erneuerbarer Energien mit Sitz in Deutschland. Mit mehr als 1.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern entwickelt und errich- tet das Unternehmen weltweit Windkraft- und Solaranlagen, Batteriespeicher sowie Wasserstoffprojekte und kann auf rea- lisierte Projekte in einem Umfang von 5,5 GW Nennleistung blicken. Dabei arbeitet ABO Wind seit 2000 durchweg profita- bel und blickt seit 2016 auf ein durchschnittliches Umsatz- wachstum von 14% p.a. Die aktuelle Pipeline umfasst rund 900 Projekte in 16 Ländern mit einer Gesamtleistung von 23 GW. Hinzu kommen weitere 20 GW Nennleistung, mit denen grüner Wasserstoff produziert werden soll. Damit ist ABO Wind ein international erfolgreicher Akteur der Energiewende. Um das anhaltende Wachstum des Unternehmens zu finanzie- ren und mehr Wind-, Solar- und Speicherprojekte ans Netz zu bringen, begibt das Unternehmen bis zum 2. Mai 2024 eine Unternehmensanleihe, deren Erlöse gemäß dem von ABO Wind aufgestellten Rahmenwerk für grüne Schuldverschrei- bungen (Green Bonds) in die Entwicklung und Errichtung von Wind-, Solar- und Batterieparks (einzeln und kombiniert) inves- tiert werden sollen. Wie auch die Stellungnahme (Second Party Opinion) des Gutachters imug rating bescheinigt, stimmt die vorgesehene Mittelverwendung der Anleihe mit den Leitlinien der ICMA, den Green Bond Principles, überein. Weitere Informationen zum Unternehmen, zum neuen Green Bond sowie den von der Commission de Surveillance du Secteur Financier (CSSF), Luxemburg, gebilligten Wertpapier- prospekt finden Sie unter www.abo-wind.de/anleihe. Kontakt: Alexander Koffka Bereichsleiter Kommunikation Tel.: +49 611 267 65-515 Fax: +49 611 267 65-599 E-Mail: alexander.koffka@abo-wind.de www.abo-wind.com

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (5. Jg.) • Seite 54 Partner der Ausgabe im Portrait Das Potsdamer Unternehmen LEEF entwickelt sich mit zehn- jähriger Erfahrung zu einem international führenden Unter- nehmen für Produkte und Verpackungen aus Blättern. Aktuell werden Blätter der Areka-Palme verwendet, aber das Prinzip ist universell auf andere Blätter erweiterbar. Hierfür hat das Unternehmen gänzlich neue Anwendungen und Märkte erschlossen und entwickelt konstant neue Methoden, um die Produktionsprozesse zu verbessern, das Material zu veredeln und mit anderen Technologien zu vereinen und diese zu schützen (Sealing, Deckellösungen etc.). Produktionsseitig hat LEEF einen soliden Erfahrungsschatz aufgebaut, um die Produktion in Indien zu erweitern und per- spektivisch im Globalen Süden aufzubauen und zu verwalten – die ständig fortschreitende Automatisierung und Digitalisie- rung der Prozesse stehen hierbei im Fokus. Die Lösungen, die LEEF mit seinen Produkten anbietet, sind ein wesentlicher Baustein, um existierende Herstellungspro- zesse im Sinne der Klimaneutralität zu verbessern. Uns ist aktuell kein weiteres Material bekannt, das so vielseitig und dabei nativ klimaneutral ist. Begünstigend wirkt, dass Konsu- menten das Material instinktiv als angenehm, natürlich und hochwertig wahrnehmen. Kontakt: Jens Christoph CFO / Prokurist Dortustraße 48 14467 Potsdam Tel.: +49 (0) 331 2361780 E-Mail: info@leef.bio www.leef.bio www.leef-holding.com Die One Square Financial Engineers GmbH (OSFE) ist eine Einheit der One Square- Gruppe, die mittelständische Unternehmen bei allen Finanzierungsfragen rund um Fremd- und Eigenkapital unterstützt. Unser Schwerpunkt liegt insbesondere auf wachstumsorientierten Unternehmen, die den „Proof of Concept“ erbracht haben. In enger Abstimmung mit unseren Mandanten entwickeln wir die passende Kapitalstruktur und die Finanzierungsstrategie. Auf Basis einer ausführlichen Analyse erstellen wir einen kapital- marktgerechten Businessplan als Grundlage für ein individuell bedarfsgerecht strukturiertes Finanzierungsinstrument. lichen Dokumenten sowie Marketing und Vermittlung an die richtigen Dienstleister. Fortlaufende Betreuung Das OSFE-Team steht auch nach der Transaktion mit Rat und Tat zur Seite und unterstützt bei der Investor Relations. Alle Leistungen inkl. Dokumentation, Prospekt, Anleihebedingun- gen, Marketing, Roadshow etc. werden durch einen rein erfolgsabhängigen prozentualen Anteil vom platzierten Volu- men berechnet. Analyse und Strukturierung Analyse des Geschäftsmodells, darunter Ermittlung der Kapital- dienstfähigkeit, Berechnung der Finanzkennzahlen und die wei- terführende Modellierung und Unternehmensbewertung, sowie Erstellung der Bodystory mit dem Fokus auf Harmonisierung der Unternehmensbedürfnisse mit den Investoreninteressen. Dokumentation und Investorenansprache Entwicklung und Mitarbeit an der Unternehmenspräsentation, Erstellung der Bond / Equity Story und die Mitarbeit an recht- Kontakt: Marius Hoerner Mobil: +49 (171) 644 17 51 E-Mail: mho@onesquareadvisors.com Angela Leser Mobil: +49 (151) 159 157 82 E-Mail: al@onesquareadvisors.com www.onesquare-fe.com

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (5. Jg.) • Seite 56 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen LITERATURHINWEIS „Warum es uns kümmern sollte, wenn in China ein Sack Reis umfällt“ der beste Autor kann sich den zahlrei- chen Zielkonflikten bei diesem Thema nicht entziehen und muss sich daher vielerorts auf den kleinsten gemeinsam machbaren Nenner zurückziehen, der noch irgendwie realistisch erscheinen könnte. Insgesamt ein schönes wissenschaftli- ches Lesebuch. Wie es sich für ein Fachbuch gehört, sogar mit Grafiken (sehr vorbildlich) – doch hätte man dafür nicht einen Layouter bemühen können? Die vielen Zahlen nötigen dem Leser einiges an Hirnschmalz ab: Etwas weniger Zahlenlast à la Sarrazin im Gegenzug für eine Prise mehr Jaenicke hätten das überdurchschnittlich gute Buch zu einem herausragenden gedei- hen lassen. Falko Bozicevic Das essenziellste Grundbedürfnis eines jeden Menschen spaltet die globale Gesellschaft: Zugang zu Nahrung, Erschwinglichkeit unserer Nahrung – Wert unserer Nahrung. Immerhin haben wir in unseren westlichen Gesellschaften überhaupt die Beinfreiheit, uns Gedan- ken darüber machen zu können, ob sie auch „fair“ hergestellt wurde. Bekanntlich ist dies nicht überall auf der Welt so. Da es sich um ein seit Jahrhun- derten gewachsenes globales Ökosys- tem handelt, spielt es sehr wohl eine Rolle, ob irgendwo in China der besagte Sack Reis umfällt – denn alles hängt mit allem irgendwie zusammen. Kritisch hin- terfragt der Autor dabei Trendthemen wie vegane Ernährung und ob solch naheliegende „Ratschläge“ irgendeines unserer diversen – und fast immer selbst geschaffenen – Probleme lösen kön- nen. Es sind nicht die einzigen Mythen, mit denen Dr. Rubach aufräumt. Der Autor bleibt lösungsorientiert, wo andere Polemik bemühen. Doch auch „Warum es uns kümmern sollte, wenn in China ein Sack Reis umfällt – Die Ernährung der Zukunft“ Hirzel Verlag, 2024, 224 Seiten, Klappenbroschur 22 EUR, ISBN 978-3-7776-3414-2 Ernährungswissenschaftler Dr. Malte Rubach hat nach Stationen in Gießen, San Diego und Madison im Bereich der Kaffee- forschung an der Technischen Universität München promoviert und gilt als Experte in den Themengebieten Lebensmittel, Er- nährung, Nachhaltigkeit und Innovation. Er verfasste auch „Die Ökobilanz auf dem Teller“ und „88 Ernährungs-Mythen – Was Sie über Ihr Essen wissen sollten“. Neuerscheinungen deutschsprachiger Businessliteratur Titel Autor Verlag Publika- tionsjahr Seiten Preis ISBN Anmerkung Wie Gefühle entstehen Lisa Feldman Barrett Rowohlt 2023 672 25 EUR 978-3499011054 Offene Geheimnisse Nikolaj Schmolcke Ullstein 2024 282 20 EUR 978-3430211055 Feel-Good Productivity Ali Abdaal dtv 2023 266 30 EUR 978-3423263887 Vergessen Sie alles, was Sie bislang über Emotionen zu wissen glaubten. Bilanzen lesen ist kein Hexenwerk: ein unter- haltsamer und erhellender Leitfaden für die Lektüre von Jahresabschlüssen. Erst die Arbeit und dann das Vergnügen? Von wegen! Beides gleichzeitig funktioniert viel besser. Stichtag: 16.04.2024 powered by getAbstract, www.getabstract.com

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (5. Jg.) • Seite 58 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen Impact Bonds Anleihen, die neben finanziellen Erträgen auf mess- bare positive ökologische und soziale Auswirkungen („Impact“) abzielen. Mit den Schuldtiteln soll etwa der zunehmenden sozialen Ungleichheit, dem Klimawan- del sowie der fehlenden Nachhaltigkeit bei Konsum und Produktion spürbar und nachweislich entgegen- gewirkt werden. Nachhaltigkeit (Sustainability) Für diesen Begriff gibt es keine allgemeingültige De- finition; zu den meistgebrauchten zählt die des Brundt- land-Berichts der Vereinten Nationen von 1987. Frei übersetzt lautet diese: „Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die gewährt, dass künftige Genera- tionen nicht schlechter gestellt sind, ihre Bedürfnisse zu befriedigen als gegenwärtig lebende.“ (Hauff 1987, S. 46). Nachhaltigkeit wird danach als eine Art Ent- wicklung beschrieben, die sowohl auf die Gegenwart als auch auf die Zukunft aus gerichtet ist. Einer wirt- schaftlich priorisierten Definition zufolge bedeutet Nachhaltigkeit z.B., „[...] nicht Gewinne zu erwirtschaf- ten, die dann in Umwelt- und Sozial projekte fließen, sondern Gewinne bereits umwelt- und sozialverträg- lich zu erwirtschaften“ (Pufé 2014, S. 16). Der Erklä- rungsansatz ergänzt die Nachhaltigkeit neben der zeitlichen Ausrichtung und dem gesellschaftlichen Bezug um den Aspekt der „Selbsterhaltung“. Ent- scheidend dabei ist, dass die nachhaltige Entwicklung nicht durch finanzielle Förderung unterstützt werden soll, sondern sich vielmehr selbst finan zieren muss. Der nachhaltigen Entwicklung ist nicht geholfen, wenn die Mittel für Investitionen auf eine Weise gewonnen wurden, die dem Nachhaltigkeitsgedanken wider- sprechen (siehe Lexikon der Nachhaltigkeit). SDGs (Sustainable Development Goals) Die nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Na- tionen, die am 1. Januar 2016 mit einer Laufzeit von 15 Jahren in Kraft traten. Es handelt sich um 17 politische Zielsetzungen, die weltweit der Sicherung einer nach- haltigen Entwicklung auf öko nomischer, sozialer und ökologischer Ebene dienen sollen; sie gelten demzu- folge für alle Staaten dieser Erde. Selbst unter den OECD-Staaten wurden bis zuletzt jedoch große Un- terschiede beim Erreichen der Zielvorgaben ausge- macht. Second Party Opinion (Nachhaltigkeitsgutachten) Eine unter Nachhaltigkeitskriterien erstellte, unabhän- gige Analyse zu einer Emission bzw. über einen Emit- tenten durch eine spezialisierte (Rating-)Agentur. Die (Nachhaltigkeits-)Bewertung soll dabei u.a. die Er- lösverwendung der aus der Emission des Finanzins- truments erlösten Mittel nachvollziehbar darstellen sowie unter Einbeziehung von Nachhaltigkeitskriteri- en verbal und in Form eines Ratings beurteilen. Da- neben werden auch die Tauglichkeit der Auswahl- pro zesse für die Finanzierungen, die Wirksamkeit des ESG-konformen Nutzens und ggf. die Übereinstim- mung mit internationalen Standards (z.B. den Green Bond Principles der ICMA) sowie die Nachhaltigkeits- leistung des Managements (i.w.S. des Emittenten selbst) mit einbezogen. Social Bonds Schuldtitel, die neben der Finanzierung von ökologi- schen Projekten auch Konzepte aus den Bereichen soziales Wohnen, öffentliche Versorgung, Gesundheit und Pflege, Bildung und Forschung sowie Inklusion fi- nanziell unterstützen. Sustainable Finance Nachhaltige Finanzwirtschaft bzw. Finanzierung; be- zieht sich auf ein Spektrum finanzwirtschaftlicher An- sätze und Instrumente, die sich nicht nur an ökonomi- schen Aspekten orientieren, sondern auch ökologi- sche und soziale Belange über Nachhaltigkeitskriteri- en wie etwa die Verringerung von Umwelt- und Klima- schäden, die Förderung von sozialer Teilhabe oder gute Unternehmensführung mit einbeziehen. Der Be- griff ist allerdings nicht einheitlich definiert.

Anleihe 2023/2028, Kupon: 9 % WKN: A352ER ISIN: DE000A352ER1 Erhältlich an der Frankfurter Börse sowie bei allen Banken und Sparkassen Wertpapierprospekt erhältlich unter leef.bio/anleihe2023 GREENWASHING Echte Lösungen schon heute! Die Spezialisten für den Rohstoff Blatt. LEEF unterstützt Unternehmen im ESG Wandel mit realen Lösungen. Dazu nutzt & verarbeitet LEEF Blätter von Palmen als klimaneutralen Rohstoff und spart so nahezu alle Emissionen der Materialerzeugung von Papier, Pulp & Recycling. LEEF ist ein führender Spezialist darin, Verpackungen und Konsumgüter aus Blättern zu fertigen. Einem übersehe- nen, zirkulären & klimaneutralen Roh- stoff. Ein Material für viele Industrien Ausgestanzter Teller, 30 x 30 cm Arekablatt, 40 x 60 cm Gastronomie Kosmetik Bürobedarf Tierbedarf Möbel Fashion Medizin NIE WIEDER PLASTIK Die Billigung des Prospekts ist nicht als Befürwortung der angebotenen Wertpapiere zu verstehen. Potenzielle Anleger sollten den Prospekt lesen, bevor sie eine Anlageentscheidung treffen, um die potenziellen Risiken und Chancen der Entscheidung, in die Wertpapiere zu investieren, vollends zu verstehen. Der Erwerb dieses Wert- papiers ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen. Der in Aussicht gestellte Ertrag ist nicht gewährleistet und kann auch niedriger ausfallen. G N U B R E W