Schatten über der privaten Energiewende

Nur eine Verschattung oder schon wieder ein Schwarzes Loch?

Der nächste Strömungsabriss schüttelt die deutsche Solarindustrie durch. Der Wille zur zumindest privaten Energiewende wird häufig übel ausgebremst. Von Falko Bozicevic

Dass nicht alle Früchte so niedrig hängen, dass jeder x-beliebige Pionier einer Branche noch herankommt, ist nichts Neues. Die Zahl der Insolvenzen oder zunächst finanziellen Schieflagen in der deutschen Solarindustrie lässt allerdings erschreckt aufhorchen. Zumal es ja nicht die erste Pleitewelle dieser Art ist.

In dieser Welle stehen vor allem, aber nicht nur Dienstleister im Fokus, also die Assembler oder auch Installateure, die die Sonne aufs heimische Dach bringen sollen. Zwischendurch waren sie auch mal so rar, dass wochen- und monatelange Wartezeiten zur Regel wurden. Inzwischen mehren sich Insolvenzen, bei denen sich herausstellt, dass Hunderte Kunden Anzahlungen vorgenommen hatten, aber nie die ausgemachten Dienstleistungen erhielten – bzw. nicht mehr konnten.

In diversen anderen Fällen werden Kunden mit weit überhöhten Kaufpreisen über den Tisch gezogen. Das geht eigentlich nur, wenn man seine Hausaufgaben über gängige Marktpreise nicht gemacht hat, was bei neuen technologischen Möglichkeiten häufig der Fall ist – auch die Wärmepumpe lässt hier grüßen. Oder eine Kombination aus Nepp und Schlepp eben. Die Möglichkeiten, juristisch einer geleisteten Anzahlung oder dem Kaufpreis von Solarpanels hinterher zu jagen, sind in den allermeisten Fällen überaus begrenzt, mahnen die Anwälte: Das letzte Hemd einer insolventen Firma hat keine Taschen.

Ein besonders dreistes, jedoch auch lehrreiches Beispiel weiter unten im EXKURS.

Daneben hat Deutschland allerdings überaus hausgemachte Probleme. Die höchsten Energiepreise innerhalb der EU sind inzwischen amtlich. Und ehrenrührend für die größte Volkswirtschaft Europas. Dem steht gegenüber, dass genau diese hohen Energiepreise eigentlich den EE-Ausbau beschleunigen. Bei Solar lag Deutschland 2024 sogar über Plan – doch wie viel mehr könnte es ohne unsere hausgemachten Probleme sein?

Da wäre als nächstes die laue Wirtschaftslage anzuführen. In wirtschaftlich unsicheren Zeiten werden Investitionen zunächst auf die Reservebank geschoben und nötigenfalls noch länger zurückgestellt. Passend dazu die Wartezeit auf den Ausgang der Bundestagswahl – als ob der groß etwas auf die Schiene zu setzen erwarten ließe. Förderung hü, Förderung hott.

Kein Schatten in der Energiewende: meinSolardach.de gilt als bester aktueller Dienstleister

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Dabei amortisieren sich heimische Solarpanels inzwischen schon nach zwei Saisons und wenn man die Plug&Play-Installation selbst hinbekommt, noch schneller. Spätestens zu Ostern im Blick auf die helle Jahreszeit bekommt man 20% mehr Leistung als 2024 zu 20% günstigeren Preisen. Will jemand dafür noch Behördenformulare ausfüllen und Wochen auf ein Plazet warten hinsichtlich Förderbarkeit?

Schließlich wäre da noch der Preisverfall vor allem der Solarkomponenten. Der eigentlich ein Segen ist für alle, die endlich auf heimische Stromproduktion einschwenken – die private Energiewende. Fertigung in Deutschland ist ohnehin nur noch rar gesät. Bei Unternehmen, auch wenn sie nur zusammensetzen und ausliefern, ist Lagerhaltung jedoch ein gravierendes Problem: Das Lager verliert ständig an Wert – wie umgekehrte Inflation, nur im Zeitraffer.

Solarmax hat zwar nichts mit dem Kapitalmarkt zu tun, aber der Name könnte doch breiteren Schichten bekannt sein. Das Unternehmen entwickelt und fertigt PV-Speicher und Wechselrichter, beides essentielle Bestandteile jedes Solar-Auftritts. Nur halt kritisch, wenn der Standort Deutschland ist: Solarmax hat Ende November Insolvenzantrag gestellt. Die nicht gerade kleine Firma moniert den schnellen Preisverfall sowie Dumping-Preise chinesischer Hersteller. Der Definition nach also Verkaufspreise unterhalb der Herstellungskosten. Das oder auch dessen Gegenteil wird man wohl nicht beweisen können.

Energiewende: von der Traufe in den Regen

Sind nicht wenigstens die Batteriespeicher, die so dringend und überall schon jetzt und speziell künftig benötigt würden, ein sicheres Ding? Offenbar auch nicht. Der schwedische Batteriehersteller Northvolt, der in der Stadt Heide in Schleswig-Holstein den Bau einer immensen Batteriezellenfabrik aufziehen wollte, hat inzwischen Insolvenz angemeldet. Dabei stehen über 600 Mio. EUR der deutschen KfW im Feuer, mithin Steuergelder. Bund und das Land S-H bürgen je hälftig – schöne Bescherung zur Weihnachtszeit.

EXKURS

Schon mal von Solarkraftdeutschland gehört? Womöglich nur im Süddeutschen. SKD soll 70% Anzahlung genommen haben für den heimischen Solarauftritt, bevor überhaupt ein Finger gerührt wurde. Weitere 20%, wenn SKD bestellte Waren erhielt. Also 90% safe, und Kunden hatten bis dahin: geduldiges Papier.

Falko Bozicevic, BondGuide

Falko Bozicevic, BondGuide

Richtig ist, dass die Assembler und Installateure selbst beim Kauf der Komponenten in Vorleistung gehen, die berühmte Vorfinanzierung. Eine gewisse Anzahlung ist daher durchaus gerechtfertigt. 90% Anzahlung plus Extrakosten für Haltbarkeits-/Leistungsgarantien müssen alarmieren. Wochenlange Wartezeiten auf die Installation sind ein zweites Alarmsignal, denn – sh. oben – die Kosten der Komponenten sind in der Zwischenzeit schon wieder gefallen u/o neuere/bessere verfügbar.

Die Firma ging in die Insolvenz. Jetzt heißt sie Deutsche Solarkraft: selber ranziger Inhalt, andere Verpackung.

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