Nach Bekanntgabe der Ergebnisse des EZB-Stresstests am vergangenen Sonntag herrscht vielerorts Erleichterung, während an anderer Stelle die Wunden geleckt werden. Die großen Verlierer der Bankenprüfung sind Italiens Institute, von denen 9 durchgefallen sind. Kein Wunder, so haben die dortigen Banken mit 174 Mrd. EUR so viele faule Kredite in den Büchern stehen wie seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahre 1998 nicht mehr.
Bekanntlich bemüht sich Italien, mit Staatsgarantien, Landsmann Mario Draghi in seiner Funktion als EZB-Präsident zu veranlassen, den Banken des Landes Kreditverbriefungen mit schlechter Bonität abzunehmen. Auch wie sich die EZB bei diesem Thema verhält, wird für die Notenbank zu einer Frage ihrer Glaubwürdigkeit werden. Bereits in anderthalb Wochen müssen nun die Manager der durchgefallenen Banken erklären, wie sie die Lücken stopfen wollen. Danach bleibt ihnen eine höchstens neunmonatige Frist, um das geforderte Kapital aufzubringen. Schaffen sie es nicht, droht im schlimmsten Fall die Schließung der betroffenen Bank. Damit wird klar: Nach dem Stresstest ist vor dem Stresstest.
Ob die große Bankenprüfung tatsächlich streng genug gewesen ist, um auch glaubwürdig zu sein, wird sich erst noch im Umgang mit den „Durchfallern“ zeigen. Wird die Europäische Zentralbank, die von Montag nächster Woche an die europäische Bankenaufsicht übernimmt, tatsächlich ein oder mehrere Institute dicht machen, wenn sie es partout nicht schaffen, das nötige Eigenkapital zu beschaffen?
Inzwischen hat die EZB den Aufkauf von Covered Bonds begonnen – allerdings mit angezogener Handbremse. So wurden in der ersten Woche seit Beginn des Programms Käufe in einem Volumen von 1,7 Mrd. EUR abgewickelt. Bis Ende 2014 will die EZB auch am Markt für Kreditverbriefungen tätig werden. Die Frage wird nun sein, von welchen Instituten diese ABS-Papiere erworben werden und ob damit nicht Banken, die durch den Stresstest gefallen sind, durch die Hintertür entlastet werden.
Zu den Stimmen, die den Wert des Banken-Stresstests in Frage stellen, gehört Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn, der beklagt, dass es die EZB vermieden habe, ein Szenario der Deflation für Südeuropa durchzuspielen. Daher habe sie nur eine geringe Kapitallücke bei vielen Banken ausgemacht.
Als zu zahm sieht offenbar auch die Bank of England (BoE) die aktuelle Bankenprüfung an. Denn trotz bestandener EBA-Prüfung (Europäische Bankenaufsicht) der heimischen Großbanken Lloyds, RBS, HSBC und Barclays will die BoE einen weiteren Test nachschieben, der viel strenger ausfallen soll als der bisherige. In ihrer Simulation will die Notenbank in London etwa einen 35%-igen Einbruch der Immobilienpreise unterstellen, was nach Befürchtungen der Zentralbanker in der City einige Großbanken der Britischen Insel nicht verkraften dürften.
Was aber bewegt eine BoE dazu, einen weiteren Stresstest für ihre Banken zu avisieren, nachdem gerade erst EZB und EBA ihre über die Bühne gebracht haben? Der Gedanke liegt nahe, dass sich die Notenbanker in der Londoner City als die besseren Zentralbanker fühlen und dies der Finanzwelt auch demonstrieren wollen. Dabei schrecken sie auch nicht davor zurück, bereits im Vorhinein an den befriedigenden Noten, die die englischen Großbanken von der EBA erhalten haben, zu zweifeln.
An den Pranger gestellt, mögen sich auch die Banken gefühlt haben, die beim EZB-Stresstest durchgefallen sind. Dieser Stil wäre jedenfalls in früheren Zeiten von der Deutschen Bundesbank nicht denkbar gewesen. Auch der Umstand, dass die Münchner Hypothekenbank zunächst als Versager dargestellt worden ist, um anschließend zu vermelden, das Institut habe inzwischen seine Eigenkapitallücke geschlossen, strahlt nicht gerade Diskretion aus. Da könnte die EZB noch nachbessern. Inzwischen spricht man auch schon von der Kapitallücke gemäß Basel III. Wie gesagt, nach dem Stresstest ist vor dem Stresstest.
Herbstliche Ruhe am Primärmarkt
Die Emissionstätigkeit am Primärmarkt für Corporate Bonds war in dieser Woche von herbstlicher Ruhe geprägt.
Der französische Hersteller von Industriechemikalien, Arkema, begab eine 700 Mio. EUR schwere und ewig laufende Anleihe (A1ZRQ6) mit einem Kupon in Höhe von 4,75%. Der Emissionspreis lag bei 95,564%. Der erstmögliche Kündigungszeitpunkt von Seiten des Emittenten ist im Oktober 2020 zu einem Kurs von 100% möglich.
Die in Luxemburg beheimatete Grand City Properties, die in deutsche Wohnimmobilien investiert, brachte einen Corporate Bond (A1ZRRK) mit einem Volumen von 500 Mio. EUR am Markt unter. Der Bond, der bis Oktober 2021 läuft, ist mit einem Kupon von 2% ausgestattet. Der Emissionspreis lag bei 98,983%.
Der Mischkonzern Hutchison Whampoa mit Sitz in Hongkong platzierte eine Unternehmensanleihe (A1ZRRY) mit einem Volumen von 1,5 Mrd. EUR. Der Titel, der einen Kupon von 1,375% trägt, wird im Oktober 2021 fällig. Gepreist wurde die Neuemission mit +68 Basispunkten über Mid-Swap, was einem Emissionspreis von 99,748% entsprach.
Klaus Stopp
Leiter Skontroführung Renten, Baader Bank AG
Relevante Informationen und Kurse rund um das Thema Anleihen finden Sie auf Baader Bondboard.