Am Donnerstag war es wieder soweit. Die Zentralbanker in England und Euroland trafen sich zu ihren turnusmäßigen Sitzungen und diskutierten über die weitere Geldpolitik.
Allerdings hätten die Voraussetzungen für die Beratungen nicht unterschiedlicher sein können. Steuert die Bank of England (BoE) beispielsweise innerhalb der nächsten 6 Monate eher auf eine Zinsanpassung nach oben zu, so sieht der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, immer noch Möglichkeiten zur Gestaltung einer stimulierenden Geldpolitik.
Am Nachmittag dann senkte die EZB im Kampf gegen eine drohende Deflation den Leitzins auf das Rekordtief von 0,05%. Eigenen Aussagen zufolge reagierten die Währungshüter damit auf die sehr niedrige Inflation.
In den kommenden Wochen sei darüber hinaus die von vielen Marktbeobachtern bereits erwartete Wiederbelebung des ABS-Marktes sowie die Auflage eines Anleihenkaufprogramms vorgesehen. Art und Umfang werden allerdings von vielen Faktoren abhängig sein. Nicht zuletzt das fragile Umfeld mit den Krisen in der Ukraine, dem Nahen Osten und der wirtschaftlichen Schwäche in der Eurozone lassen keine genaueren Rückschlüsse auf die künftige Geldpolitik zu. Die Schwierigkeiten bei der Ausgestaltung der Wertpapierkäufe (wie viel würde von wem gekauft werden?) ist die eine Sache, die andere ist aber noch viel wichtiger zu klären: Erlaubt das EZB-Mandat überhaupt Wertpapierkäufe? Der Präsident des Münchner ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, beharrt auf seiner Meinung, dass die EZB dadurch eine direkte Kreditfinanzierung maroder Unternehmen und Staaten vornehmen würde. Somit würden die Risiken der Kredite auf die Steuerzahler übertragen werden. Dies wäre sicherlich nicht im Sinne der Verträge von Maastricht. Aber was soll Mario Draghi tun? Hat er seine Munition zu schnell verballert und rächt sich das nun?
Bereits auf dem Höhepunkt der Finanzkrise wurde er von den Politkern im Stich gelassen und muss sich auch nun wieder alleine aus dieser misslichen Lage befreien. Europa möchte zwar nur zu gerne ein Gegengewicht zu China, Russland und den USA darstellen, aber insbesondere während des Ukrainekonflikts konnte man erkennen, dass in der Politik ein großes Vakuum herrscht. Hier rächt sich inzwischen das Denken entsprechend der nationalen Vorgaben, das Schachern um „Pöstchen“ sowie die fehlende politische und wirtschaftliche Schlagkraft.
Deutsche Bahn wurde am Kapitalmarkt nicht bestreikt
Welcher Finanzvorstand kann es sich leisten, in einem solchen Marktumfeld auf die Chance auf ein kostengünstiges Befüllen der Konzernkasse zu verzichten? In Anbetracht der Tatsache, dass die Investoren oft nicht mehr wissen, was sie mit der Liquidität machen sollen, sind Emittenten mit vermeintlich guter Bonität händeringend gesucht.
So nutzte zum Wochenauftakt mit der Deutschen Bahn ein deutsches Verkehrsunternehmen die Gelegenheit und emittierte eine 8-jährige FRN-Anleihe mit Fälligkeit September 2022. Die Anleihe hat ein Volumen von 300 Mio. EUR und ist mit einem Kupon auf der Basis des 3-Monats-Euribor +28 bps ausgestattet. Der Emissionspreis wurde bei 100% fixiert.
Am Mittwoch folgte dann mit SANOFI, dem nach Umsatz viertgrößten Pharmakonzern der Welt, ein weiteres Schwergewicht und emittierte eine 7,5-jährige Anleihe mit Fälligkeit März 2022 und eine 12-jährige Anleihe mit Fälligkeit September 2026. Die Kupons betragen 1,125%, respektive 1,75%. Die Anleihe mit der kürzeren Laufzeit (FR0012146777) wurde bei einem Kurs von 99,737% begeben, was einem Spread von +33 bps über Mid Swap entsprach. Die länger laufende Tranche (FR0012146801) wurde bei einem Spread von +53 bps über Mid Swap und einem Kurs von 98,70% platziert. Zusätzlich wurde auch eine 4-jährige FRN-Anleihe (FR0012146751) mit Fälligkeit September 2018 emittiert. Hierbei wird als Basis für die Ausgestaltung des Kupons der 3-Monats-Euribor +23 bps herangezogen. Insgesamt wurden auf diesem Wege 3 Mrd. EUR aufgenommen (750 Mio. EUR/1 Mrd. EUR/1,25 Mrd. EUR).
Aber auch Automobilunternehmen nutzten die Gunst der Stunde und präsentierten sich am Kapitalmarkt. So emittierte der schwedische Automobilhersteller VOLVO neben einer 2-jährigen FRN-Anleihe (XS1107638832) bei 3-Monats-Euribor +36 bps, einem Kurs von 99,96% und einem Volumen von 350 Mio. EUR noch eine 3-jährige FRN-Anleihe (XS11063810180) mit Fälligkeit September 2017, einem Kupon in Höhe des 3-Monats-Euribor +47 bps und einem Kurs von 99,94% sowie einem Volumen von 300 Mio. EUR.
Des Weiteren legte TOYOTA, der derzeit größte Automobilhersteller der Welt, eine 7-jährige Anleihe mit Fälligkeit September 2021 (XS1107890763) und im Volumen von 1 Mrd. EUR auf. Mit einem Kupon von 1% ausgestattet und bei einem Emissionskurs von 99,47% bedeutete dies einen Spread von +32 bps über Mid Swap.
Klaus Stopp
Leiter Skontroführung Renten, Baader Bank AG
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