ABS / Asset backed Securities: „Wir sehen uns als Sektorspezialisten“

ABS [1] scheinen nur etwas für ausgebuffte Experten. Der Eindruck trügt jedoch: Es gibt entsprechende Fonds. BondGuide sprach mit Investmentprofi Egbert Bronsema* von Aegon AM über eine (fast) eigenständige Anlageklasse, die sich zur dezidierten Diversifizierung eignet.

Egbert, vielleicht zum Aufwärmen am Anfang einige wenige Worte zu Ihnen selbst – womit beschäftigen Sie sich so in Ihrem Berufsalltag?
Ich bin Teil des Fixed-Income-Teams von Aegon Asset Management und als solcher bin ich verantwortlich oder mit-verantwortlich für unsere europäischen ABS-Funds und -Mandate. Bei Aegon bin ich seit 2016. Die Arbeit ist sehr abwechslungsreich, denn ABS umfassen so ziemlich alles von Kreditkarten bis Autokredite – und das in ganz vielen Jurisdiktionen innerhalb der EU. Wir sehen uns daher als Sektorspezialisten. Ein wichtiger Punkt meiner Arbeit ist natürlich, die Liquidität des Fonds im Blick zu haben.

Und, ist das schwierig oder manchmal schwieriger als in diesen oder jenen Zeiten?
Entweder man hat Cash und muss es investieren oder man hat Rückflüsse, dann muss man schauen, was man verkauft, um diesen Abflüssen nachzukommen. Genau wie bei Anleihen und Aktien gibt es einen Primärmarkt, also für Neuemissionen; aber auch einen Sekundärmarkt, wo ABS-Titel gehandelt werden. Wenn wir investieren möchten, sehen wir uns also sowohl hier wie da um. Das Ganze unter sowohl Makro- als auch Mikrogesichtspunkten.

Bei ABS muss jeder Baustein unter die Lupe genommen werden

Bei ABS muss jeder Baustein unter die Lupe genommen werden

Sie haben also ein ganzes Team nehme ich an.
Aber natürlich. Nicht jeder kann alle Sektoren, alle Länder und alle sonstigen Sachen wie Anleihefälligkeiten etc. gleichzeitig im Blick haben. Die hauptsächliche Aufteilung ist nach Sektoren.

Schauen wir vom Allgemeinen auf die Besonderheiten: Wir hatten in den vergangenen fünf Jahren, also eine halbe Dekade lang, ganz unterschiedliche Zinsphasen. Wie hat sich da der Markt für ABS geschlagen?
Sehr gut. In diese Zeit fielen Covid, Ukraine-Krieg und zweimal US-Wahlen. Für Volatilität war also mehr als genug gesorgt – nicht nur bei ABS natürlich. Sowohl aus der fundamentalen als auch der Performance-Perspektive sind wir sehr zufrieden. Man muss wissen, dass der ABS-Markt, nehmen wir hier mal Verbraucherkredite als Beispiel, sich immer erst mit einer zeitlichen Verzögerung auf externe Störungen verändert. Das ist nicht zu vergleichen mit dem, was Aktieninvestoren tun. Da müsste man innerhalb Stunden, Minuten oder gar Sekunden reagieren. Im ABS-Bereich hat man einige Zeit, um auf Veränderungen zu reagieren und sich gegebenenfalls neu aufzustellen. Auch auf Veränderung der Leitzinsen reagieren ABS-Produkte erst deutlich zeitverzögerter als zum Beispiel Anleihen.

Welche Emittenten begeben bevorzugt ABS, sowohl hinsichtlich Sektoren als auch gern bezüglich konkreter Namen?
Es gab in den vergangenen Jahren in Bezug auf Neuemissionen weniger gut performende Länder wie Italien oder Spanien. Banken haben immer so ihre Themen und suchen nach zusätzlichen Finanzierungsmöglichkeiten. Aus Investorensicht ist uns das willkommen: Begibt eine große Bank wie etwa Santander ABS-Produkte, bieten sie etwas mehr Rendite als bei einer gewöhnlichen Anleihe.

Sektorspezialisten entwirren auch Chaos innerhalb einer oder mehrerer Assetklassen

In ihrer Branche spricht man von ‚Risk-on‘ und Risk-off. Wo gehen Sie aktuell ins Risiko und wo fahren Sie ein wenig zurück?
Von den Ländern her würde ich Spanien als attraktiv nennen. Von den Sektoren her Konsumentenkredite. Risk-off sind wir im Vereinigten Königreich, speziell bei Hypotheken. Die Zinsen sind dort einfach vergleichsweise zu hoch.

In Deutschland lahmt die Wirtschaft seit rund zwei Jahren. Wie kritisch sieht man von extern auf uns hier?
Deutschland und auch Frankreich machen es für Europa kompliziert: Für Europa als Ganzes gäbe es aktuell keinen guten Grund für die EZB, die Zinsen großartig weiter zu senken. Aber mit Deutschland und auch Frankreich stehen die beiden größten Volkswirtschaften momentan nicht sehr gut da. In Konsumentenkrediten beispielsweise sehen wir keinen Unterschied zu Spanien oder den Niederlanden: Deutschland und Frankreich mögen gesamtwirtschaftlich gerade ihre Probleme haben, aber bei ABS-Produkten ist das nicht abzulesen.

Egbert Bronsema (Foto: @Aegon AM)

Egbert Bronsema (Foto: @Aegon AM)

Nun hatten wir gerade die Bundestagswahl in Deutschland. Wie besorgt blickt man auf den Wahlausgang?
Deutschland steht mit seinem Schwenk auf die rechte Seite des Spektrums ja keineswegs allein da – ich hier in Den Haag kann das wohl beurteilen. Die Unzufriedenheit bei weiten Teilen der Wählerschichten passt nicht gut zu den allgemeinen Nachrichten: Die Inflation bzw. der Kaufkraftverlust sind wieder eingefangen, die Löhne sind gestiegen und die Arbeitslosenraten sind weiterhin niedrig.

Egbert, ganz herzlichen Dank an Sie!

[1] Asset backed Securities / forderungsbesichertes Wertpapier. ABS gehören zu den strukturierten Finanzprodukten.

Interview: Falko Bozicevic

Egbert Bronsema ist Portfoliomanager im europäischen ABS-Team von Aegon AM. Zuvor arbeitete er elf Jahre lang als Portfoliomanager und Analyst im Team für strukturierte Finanzierungen bei IMC Asset Management. Egbert ist seit 2005 in der Branche tätig und trat 2016 in die Firma ein. Er hat einen Master-Abschluss in Betriebswirtschaft und quantitativer Ökonomie der Universität Maastricht.

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