Depotbanken erschweren Anleihezeichnungen (unnötig)

Foto: © rawpixel.com – freepik.com

Law Corner von Dr. Thorsten Kuthe, Rechtsanwalt und Partner, HEUKING

>> aus BondGuide #3-2025 vom 7. Feb. <<

Im Rahmen der Emission von Anleihen mittelständischer Emittenten sind Privatanleger oft ein nicht unwichtiger Faktor. Das geht über das Zeichnungsvolumen, das sie insbesondere bei bekannten (Marken-)Emittenten abbilden hinaus. Denn sie geben institutionellen Investoren die Aussicht, dass später auch eine Sekundärmarktliquidität entsteht und können die Emission damit für institutionelle Investoren attraktiver machen. Aktuell wird die Teilnahme an Emissionen für Privatanleger jedoch zunehmend schwierig.

Zunächst: Ob eine solche Anleiheemission für den privaten Anleger geeignet ist oder nicht, muss dieser natürlich im Einzelfall prüfen. Seine Rente sollte man da sicherlich nicht vollständig investieren, als Beimischung in das persönliche Depot kann das Sinn machen (als Jurist müsste ich jetzt einen Disclaimer setzen, aber das lassen wir an dieser Stelle mal). In regulatorischer Hinsicht ist jedenfalls die Zeichnung von Anleiheemissionen durch Privatanleger zulässig. Zu beachten sind dann die prospektrechtlichen Anforderungen, die an dieser Stelle nicht vertieft werden sollen.

Die große Frage ist, wie der Privatanleger ganz praktisch zeichnen kann. Hierfür gibt es seit nunmehr rund 15 Jahren in der Praxis verbreitet die Möglichkeit der Zeichnung über die Börse, das sogenannte Zeichnungstool oder wie es an der Frankfurter Börse genannt wird „DirectPlace“. Dies hat sich zum Standard bei öffentlichen Angeboten von Anleihen entwickelt.

Foto: © freepik.com

Aus Sicht der Anleger ist das höchst bequem. Die Zeichnung läuft für den Anleger genauso wie der Erwerb von sonstigen Wertpapieren über die Börse über eine Order z.B. über das Internetbanking der eigenen Hausbank. Allerdings erreichen sowohl uns als begleitende Anwälte als auch BondGuide in den letzten Monaten immer häufiger die Information, dass eine solche Zeichnung in diesen Fällen von den meisten Depotbanken nicht mehr ermöglicht werde. Beispielhaft seien etwa die Consorsbank und ING benannt. Auf Nachfrage wird das von den Banken teilweise mit einer möglichen Haftung wegen des Prospektinhalts gegenüber den Anlegern begründet. Hier sind wir dann bei einer rechtlichen Frage und damit in der Law Corner richtig.

Der Erwerb auf Basis eines Prospekts ist in der Tat das, was diese Orders von einer sonstigen Börsenorder unterscheidet. Aber haftet die Depotbank, die ja mit der Emission sonst nichts zu tun hat, für den Prospektinhalt? Wohl nur dann, wenn sie als Anlagevermittler auftritt und es offensichtliche Unstimmigkeiten zwischen dem Prospekt und öffentlich bekannten Informationen gibt.

Foto: © fabrikasimf – freepik.com

Jetzt wird der interessierte Leser schnell auf den Punkt kommen, dass eine Bank, über deren Banking App ein entsprechender Auftrag erteilt wird, nicht vermittelt. Hier kommt dann wieder die Juristendenke ins Spiel: Anlagevermittlung könnte schon die Übermittlung eines Zeichnungsauftrags sein. Der Anleger könnte also sagen „ich habe dir, Bank, den Auftrag gegeben durch Eingabe im Online-Banking zur Übermittlung an den Emittenten“.

Glaube ich, dass ein Richter eine Bank mit diesem Argument haftbar machen würde? Nein. Steht das irgendwo in einem Urteil oder Gesetz? Leider auch nicht.

Dr. Thorsten Kuthe, Heuking

Und jetzt? Zwei Optionen: Zum einen kann man über Alternativen nachdenken. Zeichnung über die Homepage oder tokenisierte Wertpapiere fallen mir bislang ein, beides im Vergleich weniger einfach für Anleger. Oder jemand überzeugt die Banken und/oder BaFin bzw. Politik, dass es doch besser für die Banken (Assets under Management) und den Kapitalmarkt ist, ein etabliertes gut reguliertes Tool weiter nutzbar zu erhalten.

Unsere neueste BondGuide-Jahresausgabe ist erschienen: das Special „Finanzierung im Mittelstand 2024“. Daneben können auch unsere weiteren Nachschlagewerke Green & Sustainable Finance 2024, Mittelstandsfinanzierung 2023, Digitalisierung, Krypto, künstliche Intelligenz 2023 sowie die Green & Sustainable Finance 2023 weiterhin als kostenlose E-Magazine bequem heruntergeladen, gespeichert & durchgeblättert werden.

! Bitte nutzen Sie für Fragen und Meinungen Twitter – damit die gesamte Community davon profitiert. Verfolgen Sie alle Diskussionen & News zeitnaher auf Twitter@bondguide !