Steuerplanung für ein profitables Morgen – wie Unternehmen steuerliche Gestaltungsspielräume nutzen können

Durch  steuerliche Gestaltungsspielräume Abgaben in Milliardenhöhe vermeiden? Jährlich entgehen der EU Schätzungen zufolge so 100 Mrd. EUR an Steuereinnahmen. Von Prof. Dr. Christoph Juhn*

In der Folge verschiebt sich die Abgabenlast zunehmend zu Ungunsten kleinerer Unternehmen [1] [2]. Das ruft Regierungen und internationale Organisationen auf den Plan, um die Erosion der Steuerbasis zu bekämpfen. Demgegenüber steht die Perspektive der Wirtschaft. Unternehmen zielen nicht nur darauf ab, ihr Geschäftsmodell bestmöglich umzusetzen, sondern vielmehr gesamtwirtschaftliche Entscheidungen zu treffen. Das bedeutet, dass von den erwirtschafteten Erträgen möglichst hohe Anteile ausgeschüttet oder für zukünftige Investitionen thesauriert werden müssen. Nach einem schlechten Jahr für Investitionen bedeutet das für 2025, Einsparpotenziale im Rahmen einer durchdachten Strategie zu nutzen.

Einsparpotenziale erkennen

Abgaben an den Fiskus sind für Unternehmen eine enorme Belastung. Um von möglichst hohen Steuerbegünstigungen für ein wirtschaftliches Handeln zu profitieren, gilt es Alternativen in Verbindung mit der Geschäftstätigkeit auszuloten. In diesem Sinn reicht Steuerplanung von der Rechtsformwahl über Unternehmenskäufe und -verkäufe bis hin zu internationalen Umwandlungen. Weit verbreitet ist die Strategie der Gewinnverlagerung in Niedrigsteuerländer wie Malta oder Zypern. Das kann durch die Gründung eines Tochterunternehmens geschehen, etwa zur Erhebung von Lizenzgebühren auf immaterielle Rechte wie Marken oder Patente.

 

Ein anderer Ansatz nutzt Verrechnungspreise zwischen verbundenen Unternehmen, beispielsweise einer produzierenden Tochtergesellschaft und einer eigenen Vertriebsgesellschaft im Ausland. Der Clou? Preise für den Handel lassen sich so innerhalb eines Konzerns festlegen. Das trägt nicht nur zur effizienten Ressourcensteuerung bei, sondern sichert steuerliche Vorteile bei Betriebsausgaben. Natürlich eröffnen auch Abschreibungsmöglichkeiten Gestaltungsspielräume – hierzulande beispielsweise beim Ausbau von Photovoltaik-Kapazitäten.

Selbst die Einflussnahme auf die Steuerpolitik durch sogenannte Advanced Tax Rulings hilft, die Abgabenlast proaktiv zu gestalten. Dabei handelt es sich um vorab mit den Steuerbehörden getroffene Vereinbarungen, die Klarheit, Rechtssicherheit und vorteilhafte Konditionen über die steuerliche Behandlung bestimmter Sachverhalte schaffen. Unternehmen beantragen dazu eine verbindliche Auskunft über die steuerliche Behandlung geplanter Geschäftsaktivitäten, etwa die Zahlung von Lizenzgebühren in Länder mit niedrigeren Steuersätzen. Einmal festgehalten, gelten diese maßgeschneiderten Lösungen in der Praxis als Steuersondervereinbarungen. Dabei steht fest: Die eine optimale Gesamtlösung, die sich eins zu eins auf alle Unternehmen übertragen lässt, existiert nicht.

Im Großen wie im Kleinen

Trotzdem ist Steueroptimierung nicht nur für Konzerne relevant. Zwar sind manche Gestaltungsmodelle, wie die Advanced Tax Rulings, nur von großen Firmen umsetzbar, andere lassen sich aber auch von kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMUs) nutzen. Da sich die Unternehmensbesteuerung in Deutschland nach der Rechtsform richtet, kann bereits eine Umstrukturierung helfen, Abgaben einzusparen. Ein Beispiel: Bei einem Einzelunternehmen fallen 45% Steuern plus Solidaritätszuschlag und möglicherweise Kirchensteuer an. Bei einer einfachen GmbH sind es 30%. Hinzu kommt: Mit einer GmbH oder einer GmbH & Co. KG lassen sich Steuern leichter gestalten als mit Betrieben, die auf anderen Rechtsformen basieren.

Innerhalb der Bundesrepublik spielen zudem auch regionale steuerliche Unterschiede eine Rolle. Stichwort: Gewerbesteuer. Städte und Gemeinden bestimmen den Hebesatz hierzu nach eigenen Vorstellungen. Er beträgt zwar mindestens 200%, allerdings variiert er regional stark. Ähnlich variabel ist die Grundsteuer auf Unternehmensimmobilien. Bei ihrer Steuergestaltung besteht grundsätzlich auch für KMUs die Option, international zu denken.

Steuerliche Gestaltungsspielräume via Malta

Steuerliche Gestaltungsspielräume via Malta

So zielt das sogenannte Mittelstandsmodell mit einer einfachen Betriebsstätte im Ausland darauf ab, steuerliche Vorteile durch die Verlagerung von Aktivitäten in ein Land mit niedrigeren Steuersätzen zu nutzen. Wenn ein Unternehmen ein Büro, eine Werkstatt oder eine Fabrik in Spanien errichtet, gelten die dort erzielten Gewinne als im Ausland steuerpflichtig. Das ist besonders dann trotz erheblicher Kosten vorteilhaft, wenn das Steuerniveau im Zielland niedriger ist als im Heimatland. Allerdings kann eine Verlagerung von Aktivitäten steuerlich auch heikel werden, wenn Behörden sie als steuerpflichtige Funktionsverlagerung einstufen. In einem solchen Fall drohen Nachforderungen.

Komplexität als Steuerungsinstrument

Optionen zur Steueroptimierung zeigen, wie komplex Unternehmensstrukturen gestaltet werden können. Da auf verschiedene Gesellschaftsformen und Tatbestände teilweise unterschiedliche Steuersätze und Rechtsvorschriften anzuwenden sind, benötigt Abgabenoptimierung extrem gute Kenntnisse im inländischen und im grenzübergreifenden Steuerrecht. Darunter fallen insbesondere Aspekte wie das Außensteuergesetz oder die BEPS-Richtlinie der OECD, wodurch bestimmte Gestaltungsmöglichkeiten eingeschränkt werden. Gleichzeitig liegt in der Komplexität der Strukturen auch der Schlüssel für den langfristigen Erfolg. Da Abgaben den Nettogewinn eines Unternehmens bestimmen, beeinflusst die Steuer auch die Frage, mit welchen finanziellen Mitteln eine Firma wirtschaften kann. Ob ein Unternehmen die Möglichkeit hat, 70 oder nur 50% seines Gewinns zu reinvestieren, kann für das weitere Wachstum vor allem in wirtschaftlich schwierigen Zeiten einen entscheidenden Unterschied machen.

Prof. Dr. Christoph Juhn über steuerliche Gestaltungsspielräume

Prof. Dr. Christoph Juhn

*) Prof. Dr. Christoph Juhn ist Professor für Steuerrecht, Steuerberater und besitzt einen Master of Laws. Seine Schwerpunkte in der Gestaltungsberatung liegen auf Umwandlungen und Umstrukturierungen, Unternehmen- und Konzernsteuerrecht, internationalem Steuerrecht, Unternehmenstransaktionen (M&A), Beratung für Berater sowie der laufenden Steuerberatung. Der Steuerprofi betreibt unter @juhnsteuerberater einen erfolgreichen YouTube-Kanal. JUHN Partner ist eine Kanzlei mit Standorten in Bonn, Köln, Düsseldorf, Frankfurt am Main und Dubai, die sich besonders auf die Steuerberatung von Kapital- und Personengesellschaften spezialisiert hat.

[1] https://www.boeckler.de/de/boeckler-impuls-steuervermeidung-an-der-quelle-bekaempfen-10509.htm

[2] https://www.netzwerk-steuergerechtigkeit.de/


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